Definiere "nichtdeutsche" Speisen.
Ich erinnere mich an eine Situation an so einem Kiosk / Stehimbiß bei mir am Ort. Da war ich so um die 15 rum und ein Kumpel und ich bestellten uns je eine Portion Pommes mit Majo. Das war schon so ein bißchen was Neues neben der Bratwurst und dem Nierenspieß. Neben uns stand ein älterer Typ mit der Flasche Bier in der Hand, der Pommes als "Dreck" bezeichnete. Besonders weltoffen waren die Deutschen damals nicht, wenn es um die Ernährung ging. Clemens Wilmenrod war mit seinen gefüllten Erdbeeren immer noch ein kulinarisches Highlight. Der Ehemann unserer Spargelfrau - damals wurden hier am Ort noch Spargel angebaut - schwadronierte mal über einen Inder, der Kartoffeln über den grünen Klee gelobt hätte. Verbunden mit der Bemerkung, in Indien gäbe es ja auch nix Gescheites zu Essen; nur Reis.
Pizza gab es bei und am Ort ab Anfang der 70er. Eine Stehpizzeria namens "Da Nando". Die gibt es immer noch, auch wenn sie wahrscheinlich inzwischen von den Enkel dieses Nando betrieben wird.
1978 war Pizza schon alltäglich und nichts besonderes mehr. In diesem Jahr war ich mit meiner damaligen Freundin, einer Griechin, in den Semesterferien in Griechenland. Freunde von ihr schleppten uns einmal in ihrem Heimatort Ναύπακτος in eine Pizzeria. Das war damals in Griechenland der letzte Schrei. Naja, es gab noch genug andere Gelegenheiten dort, echt griechisch zu Essen.
Chinesisch war schon schwieriger. Für einen Chinesen mußte man nach Frankfurt am Main fahren; in der Provinz gab es das in den 70ern noch nicht. In den Fünfzigern gab es in Frankfurt/M. mindestens einen Nobelchinesen, aber das war schon noch etwas richtig exotisches. Mein Vater ging da manchmal mit Geschäftspartnern Essen. Soll sehr gut gewesen sein.
Was sich dann breitmachte an erschwinglichen Chinesen stellt einem heutzutage im Nachhinein sämtliche Nackenhaare auf: Geschmacksneutrale Glutamatpampe mit ein paar chinesischen Pilzen und Bambussprossen drin. Das letzte mal habe ich so was 2010 gegessen in einem Dorfchinesen in Großbottwar oder da in der Ecke. Ellenlange Speisekarten, auf denen jede noch so kleine Variation eines Standardgerichts als eigene Speise ausgewiesen war. Leider ganz verschwunden von den chinesischen Menus sind Gerichte mit Hühnerleber. Das war damals so das Billigste, was wir uns als Schüler leisten konnten. Schmeckte aber prima.
Dann kamen die Hamburger. Die gab es schon früher, waren aber noch nicht so der große Knaller. In Frankfurt gab es ein Wendy´s, damals eine nicht ganz kleine Kette, so wie Wienerwald; inzwischen auch genauso nichtexistent. McDoof und Konsorten haben den Markt dann in der zweiten Hälfte der 70er aufgerollt. Lustig wurde es noch einmal, als die Hamburgerbratereien in die Fläche gingen. Ich erinnere mich noch an den McDoof in Michelstadt im Odenwald, wo noch Ende der Achtziger die Leute den Sonntagsstaat anzogen um bei McDoof "Essen zu gehen". Das sah schon putzig aus, wenn der Papa im guten Anzug da saß, als wäre er im Fünf-Sterne-Schuppen und dabei seinen BicMäc in den Händen hielt und zelebrierte, als würde er ein Luxusmenü goutieren.
Döner kamen eigentlich erst relativ spät. Ich weiß nicht mal, wann ich die zum ersten mal überhaupt wahrgenommen habe. Das muß in den 90ern gewesen sein. Vielleicht gab es die woanders schon früher.
Ein kulinarischer Höhepunkt bei mir am Ort war ein wirklich guter Spanier, so ab Anfang der Siebziger. Der machte auch nach heutigen Maßstäben eine exzellente Paella. Irgendwann hatte der dann plötzlich geschlossen und machte nie wieder auf. Später sprach sich im Ort rum, daß der Wirt sich an seiner Tochter vergangen hatte und abgetaucht war. Das war sehr schade, denn der Laden war eine Goldgrube und das Essen und der Wein wirklich gut.
Edit: Die Griechen. Ganz vergessen vorhin.
Sommersemester 1975 habe ich angefangen zu studieren und bin gleich bei der Immatrikulation über meine Freunden gestolpert, eine Griechin. Danach ständig Griechisch gegessen, das ganze Studium durch. Frankfurt war damals voller griechischer Studenten, Pelzhändler und Kneipiers. Der bekannteste Laden war das
Dionysos. Das gibt es heute noch. Damals war es aber, wie es der Geist der Zeit gebot, so eine Art Kollektiv aus griechischen Studenten, die das betrieb. Das Essen war gut, der Wein reichlich, Parkplätze gab es auch und notfalls wankte man angeschlagen den knappen Kilometer bis zum Studentenwohnheim, in dem meine Freundin residierte. Leider ist das Angebot an griechischen Kneipen inzwischen stark ausgedünnt, in Frankfurt wie im Umland. Sehr schade eigentlich.