Zugegeben, man hat immer diese seinerzeitigen Medien aus den USA vor Augen, wo man große Menschenmassen sieht. Bei Woodstock sollen ja bis zu 500.000 Leute gewesen sein. In Deutschland mag das vergleichsweise klein-klein gewesen sein. Aber in den USA ist die Bewegung ja letztlich auch schnell gescheitert, so dass das kleine-Minderheit-Argument für sich allein auch nicht trägt.
Im Text von Scott McKenzies San Francisco (Be Sure to Wear Flowers in Your Hair), was ja eine der größten Hymnen dieser Zeit ist, beschreibt er es für die USA jedenfalls als landesweit und generationsausmachend:
"All across the nation, such a strange vibration
People in motion
There's a whole generation with a new explanation
People in motion, people in motion"
Jedenfalls müsste das doch etwas sein, was dem Zeroiden als gesellschaftliches Modell eher zusagt. Auch - oder gerade - weil es nach der neolithischen Revolution spielt und in einer Bewegung 2.0 auch wieder aufgegriffen werden könnte. Vielleicht kommen nach den digital natives demnächst die Digital-Hippies .
Ja, lasst uns eine Rock-Band gründen: die "Spiritual Digital Gypsies". Und dann rum-zigeunern bzw. - politisch korrekt ausgedrückt - rum-roman(t)isieren.
Die Träume unserer Kindheit und Jugend wieder auspacken, Old-Shatterhand und Winnetou - natürlich in der Natur - spielen und dem Establishment den Stinkefinger zeigen: "fuck fucking civilization".
Entgegen mancher Aussagen hier, glaube ich auch, dass es damals eine ganze Generation war. Die Beatles haben auch nicht vor leeren Rängen gespielt und die Mädels mal ausnahmsweise nicht hysterisch rum-geschriehen wegen irgendwelcher neuen Fummel in der Oxford Street.
Aber dann hat das Establishment doch reagiert, auf die bewährte Art und Weise: "Wir lassen uns doch nicht von ein paar Ausgerasteten und Junkies unser Monopoly-Spiel versauen. Die kriegen die Hucke voll." Dann hat man sich ein paar von den Ausgeflippten geschnappt und in das "big business establishment" integriert. Jetzt haben wir die Musik-
Industrie. Ist nicht anders gelaufen, als beim Motorsport oder dem Fußball.
Alles wird zu Gold gemacht. Die Alchemisten des Mittelalters lassen grüßen. Die sind noch lange nicht ausgestorben.
"Money makes the world go 'round" hat eben die Protagonisten der Bewegung auch süchtig gemacht. Die waren ja sowieso schon auf Droge.
So betrachtet, ist Yossarian nix Anderes als ein Jimmy Hendrix auf öffentlicher Gerichtsbühne. Ok, die jubelnden Massen fehlen noch. Ja, er wird schon noch irgendwann seinen Durchbruch bekommen oder als verkannter Künstler erst im "after life" von den Massen frenetisch gefeiert werden. Die Welt wird in tiefe Trauer versinken, sobald sie sich ihrer Beschränktheit und Blindheit bewusst geworden ist.
Na ja, wenn man vom (Frankfurter Geld-Acker-Bauern-)Dorf kommt, sieht alles irgendwie anders aus bzw. tut man sich im Leben etwas schwerer. Muss man Nachsicht üben. Immerhin tragen sie dort jetzt schon Anzug, Krawatte und feine Schuhe. Sehen wenigstens nicht mehr so aus, als ob sie den ganzen Tag in der Erde wühlen, wie die Wildschweine.