Man wird nicht umhin können sich damit abzufinden, daß viele "große Künstler" eitle, selbstverliebte und zutiefst asoziale Charaktere waren bzw. sind.
Die, die anders sind sind jedenfalls die, die auf welche Art auch immer in Vergessenheit gerieten. Wir kennen nur die, die es geschafft haben, im Rampenlicht zu stehen. Ich glaube, jemand ohne überzogenes Ego will da gar nicht unbedingt hin.
Ich hab mich unlängst mit jemandem über Seneca "gestritten". Mein Gegenüber meinte, das eine oder andere gute Haar an ihm finden zu können und insbesondere, daß er eigentlich ganz anders gedacht oder empfunden hätte, als er gehandelt und sich dargestellt hat (im Wesentlichen, daß er eigentlich den Epikureern zugetan gewesen sei, dies aber aus den Umständen heraus nicht hätte raushängen lassen können oder wollen). Ich hatte das nicht gelten lassen, denn immerhin kann er kein Mitleid dadurch verdienen, daß er aus Machtgeilheit den stoischen Salonphilosophen markierte und es so doch ziemlich weit gebracht hatte. Hätte Seneca mehr Arsch in der Hose gehabt und getan, was er für wirklich richtig gehalten hätte, dann wäre er eine weniger zwiespältige Person gewesen, aber wir würden ihn heute wahrscheinlich überhaupt nicht kennen.