Lies das Interview noch mal ...
So, jetzt.
Ich fragte explizit nach einer "kapitalistischen Erklärung der Menschenrechte", weil der Interviewte den "kapitalistischen Vorbehalt" neben den islamischen Vorbehalt stellt, welch letzterer ja auffindbar kodifiziert und damit "offiziell" ist.
Den "kapitalistischen Vorbehalt" gibt es aber nicht, jedenfalls nicht als institutionalisierte Interpretation bzw. Einschränkung der Menschenrechte.
Natürlich weiß ich, was er meint. Aber er stellt hier eine Wirtschaftsform neben eine Religion; er stellt beide auf eine Stufe und hält sie für vergleichbar. Das ist Blödsinn.
Auch wenn wirtschaftliche Ideologien gerne mit Religionen verglichen werden - und da ist ja auch was dran -, *sind* sie keine Religionen.
Und eine real existierende Wirtschaftsform ist ebenfalls keine Ideologie. Das, was ist, kann nie eine Ideologie sein, weil eine Ideologie logischerweise nicht dem aktuell vorzufindenden status quo entspricht. Wir erinnern uns: Ideologie = falsches Bewußtsein. Es werden also Fakt und Ideologie unzulässigerweise nebeneinander gestellt.
Wir leben im Kapitalismus, das ist ein Fakt. Wie dieser Fakt von Menschen interpretiert wird, und in welche Richtungen sich die realen Gegebenheiten je nach gesellschaftlicher Interessengruppe entwickeln sollen, das ist Ideologie.
Es wird also eine Wirtschafts*form* mit einer Wirtschafts*Ideologie* verwechselt.