Schön, dass du dich mit mir über das erfolgreich abgeschlossene Studium meines Sohnes freust.
Du hattest geschrieben, daß er jetzt ein Karriere im gehobenen Dienst anstrebt. Ein Ausstieg nach 4 Jahren steht dann wohl sowieso nicht zur Debatte, egal ob der 25.000 € kostet oder nicht. Und damit bin ich beim Thema, ob und warum man eine Beamtenlaufbahn anstrebt und welcher Typ man dafür sein muß. Mag ja sein, daß er das ist. Vielleicht hat er dein Sicherheitsbedürfnis geerbt. Meine derzeitige Erfahrung in der Behörde wollte ich nicht vorenthalten. Ich kenne jetzt mehrere Arbeitsumfelder: den DDR-staatlichen Betrieb, die frei Wirtschaft beim Mittelständler, die freie Wirtschaft im Konzern und die Bundesbehörde.
Daß er den Abschluß geschafft hat, ist schön, aber irgendwo auch selbstverständlich. Bei mir wurde darum auch kein Bohei gemacht. Ich hatte es meinen Eltern mitgeteilt, aber da haben wir schon 7 Jahre in verschiedenen Städten gelebt. Von meinem Studium haben meine Eltern fast nichts mitbekommen. Das war meine Angelegenheit und das Diplom war dann auch nur eine Randnotiz. Da war ich schon ein Jahr im Job.
Es scheint dir ja unheimlich wichtig zu sein, daß er "zukunftstechnisch gut aufgestellt ist". Am besten schon bis zur Rente abgesichert? Mir war immer wichtiger, einen Job zu machen, der mich nicht in die innere Emigration zwingt. Ich habe das im VEB mitgemacht und weiß, wie wichtig die Erfüllung im Job ist. Mit einem Beamtenstatus kann mich keiner ködern. Aber das ist eben eine Typfrage. Die Kollegen sind hier auch nicht alle faul und unmotiviert, aber man merkt schon, daß es für sie nur eine Tätigkeit ist und der Griffel dann eben pünktlich nach 8 Std. runterfällt. Die Identifikation mit der Arbeit und der Anspruch daran sind nicht sehr groß und manch einer sucht genau das.
Das Argument, daß jemand etwas nicht nachvollziehen kann, weil er keine Kinder hat, ist natürlich immer gut. Als wäre das nur eine ernste Angelegenheit bei den Kindern, aber nicht bei einem selbst. Ich habe das alles selber durch und es war weißgott schwieriger. Heute ist das größte Risiko, daß man den Arsch nicht hochkriegt und deshalb versumpft, aber es kommt keiner mehr an und sagt dir: "du darfst nicht studieren, weil deine Eltern nicht in der Partei sind. Du kannst jetzt entweder selber eintreten oder es vergessen."
Was meinst du, was das für eine Erleichterung war als die DDR zusammengebrochen ist und ich eine Zukunft hatte, die nicht mehr nur aus einem Facharbeiterdasein im ungeliebten Job bestand? Das Abendgymnasium und das Studium waren dann fast ein Spaziergang. Ich wußte immer, was ich daran habe. Das Diplom war nur ein Papier und ich habe es erst nach einem halben Jahr abgeholt. Der Job hatte mich da schon voll in Beschlag und der war toll. Das war das wichtige.
Es reicht eigentlich aus, seinen Kram einigermaßen organisieren zu können. Dann schafft man auch ein Studium.