Ich habe hier eine marokkanische Scheidung, wo es langsam persönlich wird.
Die Mandantin - inzwischen hier eingebürgert - war als 17jährige "daheim" mit einem 25 Jahre älteren Knopp verheiratet worden, der damals bereits in Deutschland lebte und angeblich geschieden war. Jetzt ist der Herr Gemahl in Rente, und es zieht ihn wieder nach Hause zu seiner ersten Frau. Dummerweise fällt ihm jetzt auf, daß er im Rahmen des Versorgungsausgleichs mit einer Rentenkürzung zu rechnen hat. Da fällt es ihm plötzlich wie Schuppen aus den Haaren, daß er von seiner ersten Frau angeblich nie geschieden worden ist, die Ehe mit meiner Mandantin also eine bigamische, mithin unwirksame wäre. Das rettet ihn zwar zum Glück nicht vor der Durchführung des Versorgungsausgleich, hält ihn und seine Anwältin aber nicht davon ab, halbseidene "Beweise" vorzulegen, daß er mit meiner Mandantin nie rechtsgültig verheiratet gewesen sei.
Marokkanische Heiratsurkunde von 1969:
Die unten genannten Zeugen bezeugen, daß sei die Eheleute X und seine Ehefrau Y im juristischen Sinne bestens und hinreichend kennen und bezeugen, daß die Ehe zwischen Ihnen seit drei Jahren ohne Unterbrechung besteht.
Die Aussage der Zeugen beruht auf den nachbarlichen Beziehungen, dem Umgang miteinander und dem Wissen über die Verhältnisse der Eheleute.
Es folgt die namentliche Aufzählung von 12 Zeugen.
Leider ergibt sich aus dem Dokument nicht, wie die Zeugen denn nun wahrgenommen haben wollen, daß X und Y schon seit drei Jahren eine Ehe geführt haben. Haben die es regelmäßig mittags auf dem Dorfplatz vor dem Brunnen getrieben?
Nett finde ich allerdings, daß man unbehelligt, ohne einen Mullah o.ä. zu bemühen, einfach beschließen konnte, daß man jetzt verheiratet ist und das drei Jahre später mal eben en passant zu Protokoll geben konnte. Wahrscheinlich ist das jetzt anders und nicht mehr so locker.
Kannst Du die in Marokko geltenden Vorschriften besorgen? Das Gericht wird die Frage der Wirksamkeit der (Erst-)Ehe als Vorfrage zu der Entscheidung, die Yossarian beantragt hat, prüfen; maßgeblich ist dabei das marokkanische Recht zum Zeitpunkt der Eheschließung in Marokko. Yossarian wird also dem Gericht klarmachen müssen, daß diese sog. Eheurkunde eine unwirksame, dem damaligen marokkanischen Recht widersprchende Eheschließung beschreibt.
So, ich habe mich die letzten Tagen mit dem Thema beschäftigt und nach geltende Vorschriften gesucht. Hat gedauert bis ich was verständliches gefunden habe.
Erstmal zum Grundverständnis und ich versuche es kurz zu fassen. Bis zum Vollzug der Ehe werden folgende Schritte unternommen:
1- Frau und Mann werden gewählt
2- die Familien treffen sich, das Finanzielle wird ausgemacht und surat Alfatiha vom Quran gelesen, das ist die Verlobung.
3- die Verlobung wird bekanntgegeben, es wird gefeiert, Eheringe kommen im rechten Ringfinger.
4- weitere Feier wird organisiert in der der Sayid/Imam kommt und den Vertrag zwischen den Verlobten abschließt(2
Exemplare die beim Ministerium zur Anmeldung der Ehe und Beglaubigung vorgelegt werden), üblich wird die
Braut mit Gold/Schmuck beschenkt, Eheringe wechseln zum linken Ringfinger. Ab diesem Tag gelten die zwei als Eheleute, sie
dürfen zwar das Bett teilen, wird aber meistens damit bis zum Hochzeitsnacht gewartet.
5- Unterkunft der neue Familie wird eingerichtet.
6- der große Hochzeitsfeier.
In Marokko scheint es ein gesellschaftliches Problem zu sein, die von der Staat nach und nach bekämpft wird. Die Marokkaner hörten aus verschiedenen Gründen meistens bei Punkt 2 oder 3 auf, vor allem im ländlichen Teile des Landes wo die Leute glauben so wurde früher nach dem Islam geheiratet, also reicht es auch so oder keine Notare vorhanden sind oder die Kosten der Notare nicht zu leisten sind, aber auch weil die Voraussetzungen nach dem neuen Familiengesetz nicht erfüllt sind z.B. wenn die Frau minderjährig ist, das ist sogar strafbar. Die Unterlagen zur Eheschließung nicht vorhanden oder bei weitere Eheschließung, diese wird auch nicht ohne weiteres betrieben und muss begründet und vom Ministerium genehmigt werden.
Gleichzeitig müssen alle noch nicht registrierten Ehen nachgewiesen und angemeldet werden, zum Schutz der Familie und damit die Rechte der Kinder und der Frauen gesichert werden können. So wurde im Feb. 2004 ein Zeitraum von 5 Jahren festgelegt in der Anträge zur Erkennung nicht registrierter Ehen zu erstellen. Die Anträge(Formblätter zum Ausfüllen) werden beim Familiengericht eingereicht. Der Antrag konnte von beiden oder von ein der Eheleute gestellt werden mit der Begründung, weshalb bei Punkt 2 geblieben wurde. Der Richter prüft und entscheidet, wenn nachvollziehbar wird ein Bescheid/Titel erlassen und eine Ehebescheinigung erstellt unterschrieben von 3 Richter.
Es werden nur Härtefälle für die Begründung akzeptiert, wie das Leben in einem abgeschnittener Orte, Glauben bedingt.
Das Eheverhältnis muss auch nachgewiesen werden, Kinder sind das beste was man liefern kann. Aber die 12 Zeugen Methode ist wirklich die schwächste und umstrittene davon, wird vom Gericht bedingt und meistens wenn Kinder im Siel sind akzeptiert.
Also ist das was euren Knop vorgelegt hat der Antrag oder der Titel vom Gericht?..Unterschrift 3 Richter(so wie ich gelesen habe) und Beglaubigung.
Es wurden auch mobile Gerichte für den ländlichen Teile des Landes eingerichtet, um die Anmeldungen zu erleichtern.
Alles schön und gut, aber das Gute hat auch seine Schattenseite. Fünf Jahre haben nicht gereicht und die Aktion wurde für weitere 5 Jahre verlängert, was wiederum zum Missbrauch des Gesetz führte, in dem viele 14-jährige heirateten, geschwängert und erst nach 4 Jahre die Ehe anmeldeten, dasselbe gilt für eine 2., 3., 4.Frau ohne Genehmigung oder wissen des ersten Frau.
Hier findet deine Mandantin das neue Familiengesetz. Ich gehe davon aus, dass es immer noch gilt, da ich was anderes nicht gefunden habe.
Jetzt kommen wir zu deiner Mandantin.
hier ein Präzedenzfall In dem die 2. Ehe obwohl noch nicht registriert ist doch auf Antrag der zweiten Frau vom Gericht anerkannt wurde und trotz Einspruch der 1. Frau von wegen sie wusste nicht davon(nach dem Familiengesetz muss die erste Frau die 2. Ehe zustimmen, dann darf er heiraten)
Ich vermute mal, dass deine Mandantin keinen schriftlichen Ehevertrag hat. Aber macht nicht, Antrag auf Anerkennung dürfen auch Marokkaner mit anderen Staatsangehörigkeit stellen §2 Satz 1, Familiengesetz. Die Ehe kann sie hier sowieso nachweisen oder wie/als was haben sie in Deutschland zusammen gelebt? Die Ehe ist hier dokumentiert, irgendwo hat er bestimmt sie als Ehefrau angegeben und unterschrieben.
Leider finde ich die Vorschriften in der deutschen Sprache nicht, aber es ist wichtig, dass die Frau weiss wo sie steht und was ihr zusteht. Ich werde weiter suchen und berichten.