Ein Richter kann einfach 2 Zeugen unter den Tisch fallen lassen, weil er "keinen Bock" hat, die zu laden?
Ganz so einfach ist es nicht.
In der Anklageschrift werden von der Staatsanwaltschaft deren Beweismittel für den Vorwurf benannt, das können Dokumente sein, meistens sind es Zeugen.
Das Gericht prüft, ob es die Anklage für schlüssig hält (naja, es sollte das prüfen...) und läßt die Anklage bejahendenfalls zu und eröffnet das Hauptverfahren. Zum Hauptverhandlungstermin zieht das Gericht die Beweismittel bei, die es für erforderlich hält. In der Regel bedeutet das, daß es die Zeugen lädt.
Da fängt dann aber der Spagat für den Richter an: Unausgesprochen wird von Richtern verlangt, prozeßökonomisch vorzugehen, d.h. die Staatskasse nicht allzusehr zu belasten. Je geringer der Tatvorwurf, desto größer die Versuchung für den Richter, Prozeßökonomie vor Tataufklärung zu stellen. Und wenn es zu einer Verurteilung nicht langt, soll möglichst wenig freigesprochen werden, sondern das Verfahren möglichst so beendet werden, daß die Staatskasse nicht auch noch den Verteidiger bezahlen muß.
In dem Fall hätten zwei Zeugen auf Staatskosten von Augsburg nach Offenbach anreisen müssen, auf der anderen Seite stand ein etwas bemühter Vorwurf einer Beamtenbeleidigung, von der das Opfer nicht einmal was mitbekommen hatte.
Der Richter hatte die beiden Belastungszeugen (andere gab es leider nicht) erst gar nicht geladen. Für den Verteidiger ist damit klar, daß das Gericht auf so einen Scheißfall auch keinen Bock hat und es "nur" darum geht, wie man die Sache totkriegt.
Das war auch der Grund, weshalb ich dem Richter nicht wegen seiner Äußerung über die Hinzuziehung eines Verteidigers an die Kehle gegangen bin.
Klar kann und muß man als Verteidiger die Sache eskalieren lassen und erforderlichenfalls darauf bestehen, daß die Zeugen gehört werden. Da man sich aber im Voraus am Arsch abfingern kann, was für eine Aussage zwei Bereitschaftspolizsten ein halbes Jahr nach dem Vorfall notfalls vom Blatt ablesen, hätte es das wahrscheinlich nur schlimmer gemacht.
Es wurde schließlich nach
§ 153 Abs. 2 StPO eingestellt, und der Mandant hat an Verfahrenskosten lediglich die Kosten seines Verteidigers zu zahlen.