Autor Thema: Raskolnikow  (Gelesen 17566 mal)

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marple

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Re:Raskolnikow
« Antwort #45 am: 20. Januar 2010, 18:22:17 »
Aber in seiner Philosophie ging es nicht zwingend um einen Raubmord. Der Sinn eines Mordes sollte letztendlich die Emöglichung einer menschenrettenden Existenz sein, also kein niederer Beweggrund.

Conte Palmieri

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Re:Raskolnikow
« Antwort #46 am: 21. Januar 2010, 08:31:16 »
Aber in seiner Philosophie ging es nicht zwingend um einen Raubmord. Der Sinn eines Mordes sollte letztendlich die Emöglichung einer menschenrettenden Existenz sein, also kein niederer Beweggrund.
Ob es einem Anwalt gelänge, damit die niederen Beweggründe wegzuzaubern, bezweifele ich. Ich hoffe, der Richter glaubt dem Raskolnikov genauso wenig wie ich.

Offline Unikum

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Re:Raskolnikow
« Antwort #47 am: 21. Januar 2010, 08:50:08 »
Aber in seiner Philosophie ging es nicht zwingend um einen Raubmord. Der Sinn eines Mordes sollte letztendlich die Emöglichung einer menschenrettenden Existenz sein, also kein niederer Beweggrund.
Wer solche Gedankengänge führt wie in deiner Kurzzusammenfassung rüberkommt würde sicherlich NICHT wegen Mordes verurteilt, aber Labenslang in der geschlossenen ist doch auch ganz nett....

Natürlich sind das niedere Beweggründe, er will deren Vermögen um selbst nicht mehr finanziell Abhängig zu sein. Helfen kann man auch ohne selbst reich zu sein.
Früher war alles besser, sogar die Höhlen waren größer.

Wer, wenn nicht ich?

marple

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Re:Raskolnikow
« Antwort #48 am: 21. Januar 2010, 09:11:16 »
Ob es einem Anwalt gelänge, damit die niederen Beweggründe wegzuzaubern, bezweifele ich. Ich hoffe, der Richter glaubt dem Raskolnikov genauso wenig wie ich.

Natürlich wird es keinem Anwalt gelingen. Aber (<---schönes Wort) nach Rs Theorie bestimmen die Mächtigen ja die Gesetze, würden also ihre eigenen notwendigen, nicht von niederen Beweggründen bestimmten Morde sowieso legalisieren. Für sich selbst. Nicht für "die Masse". Zudem ging er davon aus, dass der Mächtige so gefestigt und intelligent ist, dass irdische Gerechtigkeit ihn nicht überführen kann.

Wer solche Gedankengänge führt wie in deiner Kurzzusammenfassung rüberkommt würde sicherlich NICHT wegen Mordes verurteilt, aber Labenslang in der geschlossenen ist doch auch ganz nett....

Raskolnikows Arzt und seine Freunde/Familie hielten ihn nach der Tat (von der sie nichts wussten) für schwer erkrankt am Nervenfieber, eventuell sogar geisteskrank.
Das verhalf ihm zu einem milderen Urteil - nur 8 Jahre Zwangsarbeit in Sibirien.
Also auch hier - ziemlich aktuell. Ich hätte gedacht, im Rußland der 1860er Jahre hätte es solche Überlegungen vor Gericht noch nicht gegeben. Zumal der Angeklagte ja nicht adlig oder reich war. Aber sogar sein Geständnis wurde zu seinen Gunsten bewertet.

Yossarian

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Re:Raskolnikow
« Antwort #49 am: 21. Januar 2010, 09:18:54 »
nach Rs Theorie bestimmen die Mächtigen ja die Gesetze, würden also ihre eigenen notwendigen, nicht von niederen Beweggründen bestimmten Morde sowieso legalisieren.

Die anderen auch, da hab mal keine Angst.

marple

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Re:Raskolnikow
« Antwort #50 am: 21. Januar 2010, 19:59:43 »
Die anderen auch, da hab mal keine Angst.

Ja, das ist die Praxis. Raskolnikow war eben ein Theoretiker, der noch dazu mit falscher Basis theoretisierte.

------> OT

Übrigens habe ich mir heute dann doch noch den Idioten und die Dämonen aus der Bibliothek geholt. Jetzt will ich wissen, was morrigan und - äh, wie heisst er grade?? - ach ja Conte so deprimiert.
Eventuell, liebes Unikum, kann ich dann einen Unterthread Dostojewski aufmachen.

------->

Offline Stachelhaut

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Re:Raskolnikow
« Antwort #51 am: 21. Januar 2010, 20:26:43 »
The union is behind us, we shall not be moved.

Yossarian

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Re:Raskolnikow
« Antwort #52 am: 21. Januar 2010, 21:05:44 »
Ist Raskolnikow nicht in Wirklichkeit eine Wodkamarke?

morrigan

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Re:Raskolnikow
« Antwort #53 am: 21. Januar 2010, 22:54:43 »
Jetzt will ich wissen, was morrigan und - äh, wie heisst er grade?? - ach ja Conte so deprimiert.

Ich nehme einfach mal das Bekannteste und zitiere aus:

Die Brüder Karamasow

Kapitel: Der Großinquisitor

http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=455&kapitel=36&cHash=a383eb13fcchap036#gb_found

(Übrigens höllisch zu lesen, so wie das formatiert ist)

›Du willst in die Welt gehen und gehst mit leeren Händen, mit einem Versprechen von Freiheit, das sie in ihrer Einfalt und angeborenen Schlechtigkeit nicht einmal begreifen können, das ihnen Furcht und Schrecken einflößt – denn nichts ist jemals für den Menschen und für die menschliche Gesellschaft unerträglicher gewesen als Freiheit! Aber siehst du die Steine hier in dieser nackten, glühenden Wüste? Verwandle sie in Brot, und die Menschheit wird dir wie eine Herde nachlaufen, dankbar und gehorsam, wenn auch in steten Zittern, du könntest deine Hand von ihnen nehmen, und es hätte dann mit deinen Broten für sie ein Ende!‹ Du wolltest den Menschen nicht der Freiheit berauben und verschmähtest den Vorschlag. Denn was ist das für eine Freiheit, so urteiltest du, wenn der Gehorsam durch Brot erkauft wird? Du erwidertest, der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Weißt du jedoch, daß sich der Geist der Erde im Namen dieses Brotes gegen dich erheben und dich besiegen wird, daß alle ihm folgen werden mit dem Ruf: ›Wer tut es diesem Tier gleich? Es gab uns das Feuer vom Himmel!‹ Weißt du auch, daß die Menschheit nach Jahrhunderten durch den Mund ihrer Weisen und Gelehrten verkünden wird, es gebe kein Verbrechen und folglich auch keine Sünde, sondern es gebe nur Hungrige? Mach sie satt, und verlang erst dann von ihnen Tugend – dies werden sie auf ihr Banner schreiben, das sie gegen dich erheben und durch das sie deinen Tempel stürzen werden. Anstelle deines Tempels wird man einen neuen Bau aufführen. Erheben wird sich erneut ein furchtbarer Turm von Babylon, und obgleich der ebensowenig wie der frühere zu Ende gebaut werden dürfte, hättest du ihn doch vermeiden und die Leiden der Menschen um tausend Jahre verkürzen können! Zu uns nämlich kommen sie, wenn sie sich tausend Jahre mit ihrem Turm abgequält haben. Sie werden uns wieder unter der Erde suchen, in den Katakomben, in denen wir uns verborgen halten, denn wir werden wieder verfolgt und gemartert sein. Sie werden uns finden und uns zurufen: Macht uns satt! Die uns das Feuer vom Himmel versprachen, haben es uns nicht gegeben ... Und dann werden wir auch ihren Turm zu Ende bauen, denn zu Ende bauen wird ihn, wer sie satt macht. Satt machen aber werden nur wir sie, und wir werden lügen, es geschehe in deinem Namen. Oh, niemals werden sie ohne uns satt werden! Keine Wissenschaft wird ihnen Brot geben, solange sie frei bleiben – und enden wird es damit, daß sie uns ihre Freiheit zu Füßen legen und sagen: Knechtet uns lieber, aber macht uns satt! Sie werden schließlich selbst begreifen, daß Freiheit und reichlich Brot für alle zusammen nicht denkbar ist, denn niemals, niemals werden sie imstande sein, untereinander zu teilen! Sie werden auch zu der Überzeugung gelangen, daß sie niemals frei sein können, weil sie schwach, lasterhaft, bedeutungslos und rebellisch sind.

Das ist alles so grauenhaft wahr.

Rosenkohl

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Re:Raskolnikow
« Antwort #54 am: 21. Januar 2010, 23:26:16 »
Ernsthaft?

Das geht mir nur bei jedem missglückten Versuch "das Glasperlenspiel" von Hesse zu Ende zu lesen, so.

Da hatte ich nur einen.

Zitat
Ich finde Dostojewski einfach sehr aktuell. Ich hab mir gestern nacht schon das nächste aus dem Schrank gekramt. Aber vielleicht nehm ich vorher erst noch eine Priese Gogol.

Vernünftig. Oder wie wäre es mit Gontscharow?
Ich nehme seit ca. 1 Woche eine Prise Tolstoj. "Auferstehung". Ich werde es durchlesen, der Vollständigkeit halber.
Kann den Roman aber, obwohl es sein kürzester (nur 580 Seiten) ist, nicht besonders empfehlen.
Es menschelt und aufrichtelt so vor sich hin ... fraglos gut gemeinte Predigtliteratur.

Und letztes Jahr hab, nach so etwa 25 Jahren, "Anna Karenina" wiedergelesen. Fraglos gut, aber ... ein paar 100 Seiten weniger hätten es auch getan. Schreibt der Liebhaber langer Romane ...

Dostojewskij dagegen, der bläst einen mit ein paar Absätzen weg, und das immer weiter.
Wobei "Schuld und Sühne" bzw. "Verbrechen und Strafe" noch nicht mal unbedingt der Stärkste ist.
Aber das Katz-und-Maus-Spiel bei den Verhören, zB ...

Vor ein paar Jahren hab ich erstmals "Aufzeichnungen aus einem Totenhaus" gelesen, was für ein Buch ...

Ja, das ist Wahrheit.
Und Wahrheit ist nun mal unbequem, und schmeckt nicht jedem.

Rosenkohl

marple

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Re:Raskolnikow
« Antwort #55 am: 22. Januar 2010, 11:00:50 »
Ich habe daraus mal ein neues Thema gebastelt. In Literatur.

Wieso das denn? Gibt's doch online! http://gutenberg.spiegel.de/?id=19&autor=Dostojewski,%20%20Fjodr%20Michailowitsch&autor_vorname=%20Fjodr%20Michailowitsch&autor_nachname=Dostojewski

Quark. Zum Lesen gehört bei mir mehr, as nur das Wort. Der Staub der Seiten, die Haptik des Einbandes, die richtige Liegehaltung, das gedämpfte Licht, die Decke auf den Beinen, der Tee/Kaffee in Reichweite, das Umblättern, das Zurückblättern, das Notizen an den Rand Kritzeln - kurz - das ganze sinnliche Paket...das gibt mir doch kein Computer. Da muss ich schon im Büro den halben Tag reinstarren.