Das Problem ist die Gegenwärtigkeit; wenn die Beschimpfung ausgesprochen ist, ist der Angriff ja schon wieder vorbei. Es sei denn, es ist eine längere Schimpftirade.
Und das zweite Problem ist die Erforderlichkeit. Erlaubt ist nur das mildeste gleich wirksame Mittel. Und da muß man nicht zuschlagen, Mund zuhalten genügt auch.
Das Notwehrrecht kann auch eingeschränkt sein, wenn man den Angriff provoziert hat.
Extremfälle löst man über die Figur der "Gebotenheit". Es ist z. B. nicht geboten, den prügelnden Ehemann der Nachbarin niederzuschlagen, wenn die das gar nicht will. Und es ist auch nicht geboten, wenn ein gelähmter Senior Kinder mit der Schrotflinte aus seinem Kirschbaum entfernt (Lehrbuchfall). Hier gehört auch der Handtaschendieb hin.
Wollen wir auch noch die Konstellation des Irrtums über rechtfertigende Umstände behandeln (Bsp.: Frau hört jemand an der Tür, rechnet mit Einbrecher und schlägt der eintretenden Person die Bratpfanne über den Schädel. Tatsächlich war es der Ehemann, der sich nur ein paar Zigaretten geholt hatte)? Oder auch den umgekehrten Fall (Frau rechnet mit Ehemann und will diesem ein paar verpassen, weil der sich endlich das Rauchen abgewöhnen soll, trifft aber den Einbrecher)? Herrschende Meinung inkl. Bundesgerichtshof (dieser mit falscher Begründung, aber im Ergebnis richtig) in Konstellation 1: Fahrlässige Körperverletzung. Konstellation 2, herrschende Meinung: versuchte Körperverletzung, BGH (falsch und ohne Begründung, aber in ständiger Rechtsprechung): vollendete Körperverletzung
Die Sache mit den Kötern ist keine Notwehr, weil von einem Hund kein rechtswidriger Angriff i. S. v. § 32 StGB ausgehen kann. Ein Hund kann nicht rechtswidrig handeln, weil er nicht Adressat und Subjekt des Rechts ist, sondern nur Objekt. Hunde abknallen kann höchstens über Notstand gerechtfertigt oder entschuldigt sein. Und da gibt es eine Güterabwägung und eine Angemessenheitsprüfung; im Ergebnis darfst Du die Hunde nicht abknallen, weil der dadurch angerichtete Schaden viel höher wäre als der vermiedene. Oder so.
EDIT: Richtig spannend wird es, wenn noch eine Person dazukommt. Erste Konstellation, neben der Frau steht der Frisör. Dieser erkennt den Ehemann am Gang. Weil er diesem aber die Bratpfanne gönnt, reicht er der Frau die Bratpfanne, mit der diese dann auch - in der Annahme, es handele sich um einen Einbrecher - zuschlägt. Wegen seines falschen Denkansatzes kommt der BGH hier zu einer Straffreiheit des Frisörs, während die richtige Lehrmeinung diesem eine Beihilfe zu einer vorsätzlichen Körperverletzung anhängen würde.
Noch spannender wird es, wenn der Frisör die Frau vorher mit irgendwelchen Dämpfen aus seinen Sprühflaschen halb betäubt, in einen Zustand eingeschränkter Einsichtfähigkeit versetzt und ihr dann - ihre diffuse Angst vor einem Einbrecher und den Schritt des Ehemannes erkennend die Pfanne gereicht hätte. Nach Lehrmeinung könnte er dann "Tatherrschaft" gehabt haben und müsste als Täter einer vorsätzlichen Körperverletzung bestraft werden. Nach BGH wäre er immer noch straffrei, weil er die Tat nicht als eigene gewollt hätte.
2. EDIT: An der Uni ist Jura und Strafrecht insbesondere lustig. Man erkennt zu spät, dass die Realität grau und grausam ist.