Beleidigtes Schreiben eines südhessischen Sozialgerichts, das sich in diesem konkreten Fall bis jetzt noch nicht durch schnelle Bearbeitung hervorgetan hat, offensichtlich verschnupft, weil ich die Sachstandsanfragen nicht mehr quartalsweise, sondern neuerdings monatlich stelle:
Mein Mandant und ich wüßten doch sicher um die Corona-Pandemie, die bedinge, daß mündliche Verhandlungen mit Zeugenvernehmungen derzeit nur im Ausnahmefall durchgeführt würden.
Nö, letzteres wußte ich nicht, vernehmen die Strafgerichte doch munter weiter Zeugen, und außerdem weiß ich aus eigenem Augenschein, daß gerade dieses Gericht mit Luftfiltern, Plexiglastrennwänden und allem Furz un Feuerstein hochgerüstet ist wie kein anderes, ja durchaus als Trutzburg gegen Viren aller Art bezeichnet werden kann. Das ist alles so labormäßig ausgetüftelt, daß man im Sitzungssaal wahrscheinlich eine offene Dose Milzbranderreger rumstehen lassen könnte, ohne jemanden zu gefährden.
Außerdem befänden sich durch eine Änderung des Geschäftsverteilungsplanes im Dezernat des Vorsitzenden der Kammer nunmehr diverse ältere Verfahren - was, noch ältere???
- die natürlich vor dem meinen abgearbeitet werden müßten.
Ein Termin für eine mündliche Verhandlung könne daher derzeit nicht benannt werden, und jetzt kommt´s (Originalton Gericht, Trommelwirbel, Tusch!):
"Die Kammer wird das hiesige Verfahren aber sicherlich nicht vergessen."
Na da sind der Mandant und ich aber beruhigt. Wenn in dreitausend Jahren irgendwelche Archäologen da graben, wo jetzt das Gericht ist und die Akte finden, können sie ja einen Sozialgerichtsprozeß des 21. Jahrhunderts als Reenactment oder experimentelle Archäologie nachstellen und endlich entscheiden.