Okay, also noch mal von vorne:
Orientierungslose Jugendliche scheinen ein Zeichen der Zeit zu sein. Wenn man so was selbst zuhause sitzen hat ist das objektiv wenig tröstlich, daß es davon (inzwischen?) eine ganze Menge gibt.
Im Bekanntenkreis treffe ich nur noch auf zwei Extreme: Jugendliche / Teenager, die ziemlich dahinter her sind, nach Ende der Schule eine gute Ausbildung zu bekommen und die anderen, die danach auf verschiedenste Arten den Tag rumbringen.
Meiner ist jetzt 21 und hat vor ein paar Wochen engekündigt, ab April auf dem zweiten Bildungsweg das Fachabitur machen zu wollen.
Seit dem Ende der Schule hat er sich mit kaum wahrnehmbarem Eifer um eine Lehrstelle gekümmert und ich habe den Verdacht, daß die Idee mit dem zweiten Bildungsweg jetzt nur gekommen ist, damit ich endlich aufhöre ihm wegen einer Lehre auf den Wecker zu gehen.
Man kann ihm dabei - im Gegensatz zu anderen Exemplaren, die ich innerhalb und außerhalb der Familie kenne - nicht mal vorwerfen, daß er faul wäre. Er arbeitet in einer Druckerei und stemmt zwischendrin auch mal ein größeres Projekt wie die Renovierung unseres Wohnzimmers oder die Grundrenovierung der gesamten Wohnung seiner Mutter, die sich über drei Wochen mit vollem Arbeitseinsatz (10 Stunden + täglich) hinzog.
Aber es ist halt "nix Richtiges", womit er da seine Zeit verbringt.
Nun, tatenlos herum sitzt er also schon mal nicht.
Dass junge Leute oft noch keine Vorstellung haben, "was sie einmal werden wollen", sehe ich auch. Vorwiegend allerdings bei Mädels. Die dann einfach mal so irgend was studieren (oder eine Lehre machen), ohne zu bedenken (oder berücksichtigen), dass sie davon nie und nimmer weden leben können.
Ich selbst wusste schon seit früher Kindheit (noch auf der Grundschule), was ich einmal werden wollte: Elektriker. Und so bald wie möglich auf eigenen Füßen, sprich: weg von meinen Eltern. Dem entsprechend habe ich auch "nur" Realschule gemacht, weil das dafür einfach reichte.
Seit 24 Jahren mache ich allerdings etwas ganz anderes - und bin sehr froh darüber. Selbstvertrauen und ein wenig Ehrgeiz haben mich erst gepackt, als mein "Ziehvater" im Betrieb mir überdurchschnittliche Intelligenz bescheinigte (vorher habe ich immer nur das allernötigste getan, um gerade so versetzt zu weredn bzw. irgendwelche Prüfungen zu bestehen).
Hätte ich andere Eltern gehabt, bei denen es auszuhalten gewesen wäre (und mehr Antrieb), würde ich mich allerdings ständig fragen, warum ich so auf diesen Beruf fokussiert war. Aus heutiger Sicht wäre ich auch gerne Architekt oder Pilot geworden.
Wenn Dein Junior also tatsächlich noch etwas orientierungslos ist (bisher offenbar nur eine Vermutung), kommt er vielleicht noch auf die Wahl, die er später nicht einmal bereut. Vielleicht benötigt er etwas Anregung, um sich einmal über all' seine Möglichkeiten klar zu werden. Jedenfalls finde ich es gut, dass er in der Zwischenzeit wenigstens eigenes Geld verdient und sich auch sonst nützlich macht.