Es ist meine feste Überzeugung, daß die Psychopathen dieser Welt regelmäßige geheime telepathische Konferenzen abhalten, in denen sie eine beliebige Telefonnummer ausdeuten und verabreden, diese an einem bestimmten Tag anzurufen und den Inhaber des betroffenen Anschlusses in den Wahnsinn zu treiben. Ich bin mir deshalb so sicher, weil ich bei derart verabredeten Anrufen gelegentlich ein hysterisch-gehässiges Kichern im Hintergrund zu hören meine.
Heute hat es mal wieder unseren Laden erwischt.
Das alleine wäre noch erträglich, aber wir sind heute hier personell total unterbesetzt. Alles, was das Wort "Sekretariat" auf der Stirn trägt ist
krank, im Urlaub oder sonstwie abgängig.
Mein Kollege ist in Urlaub und die Kollegin, die sonst so gerne telefoniert hat einen auswärtigen Termin und kommt heute nicht mehr rein. Dann haben wir noch eine Kollegen auf dem Schild stehen, der eigentlich einen anderen Job hat und nur zwei mal die Woche abends reinschaut, sowie unseren Jopi-Heesters gleichen 73jährigen Deichgrafen (uralter Adel, wenn der seinen Namen ausschreibt, braucht der ein Kanzleischild nur für sich), der zwar physisch anwesend ist, ansonsten aber wie ein Gespenst in seinem Kabuff sitzt und darauf wartet, daß man ihn gelegentlich abstaubt
oder sagt, daß es jetzt Zeit zum Heimgehen wäre. Insbesondere eine wenigstens rudimentäre Telefonaffinität geht dem alten Mann völlig ab.
Telekommunikationstechnisch bin ich also heute faktisch mit meiner Notarin alleine, die aber auch nicht ans Telefon geht, wenn sie gerade Verträge
protokolliert.
Im Endeffekt hüte ich also heute das Telefon mit den irren Anrufern mehr oder weniger völlig alleine, weil unser Deichgraf grundsätzlich nur den
Hörer abhebt, wenn ein Gespräch aus dem Sekretariat kommt und explizit zu ihm durchgestellt wird. Was mit dem Telefon ist, wenn der mal alleine im Büro ist, darüber denke ich besser erst gar nicht nach; angeblich soll er dann dran gehen, wenn es klingelt.
Mit anderen Worten: Ich *bin* inzwischen geschafft, *habe* aber noch nicht wirklich was geschafft.
Ärgern tut mich (schlechtes deutsch!), wenn in solchen Situationen unsere Notarin auch noch ganz Frau ist und sich nicht kurz hält beim telefonieren, sondern ihre Anrufe endlos ausdehnt; ihrem freundlichen, fröhlichen Gelächter nach kann da jedenfalls nur ein Bruchteil des Gesprochenen dienstlich gewesen sein. In der Zwischenzeit rufen während eines Gesprächs dieselben Nervensägen dreimal an,
um mit der Notarin verbunden zu werden. Eine davon hat sich bei dritten Anruf verplappert, daß sie sich eigentlich nur für irgendwas bedanken
wollte. Suuuperwichtig, dafür kann man - so nett das gemeint ist, denn meistens keifen die Leute nur rum, weil ihnen irgendwas nicht paßt - schon
mal eine komplette Kanzlei lahmlegen.
Irgendwie ist jetzt grade die Luft raus. Eigentlich wollte ich noch eine Klageerwiderung schreiben, aber die heb ich mir wahrscheinlich für morgen
auf.
Wenn die Damen gestern am späten Nachmittag nach ihrem Kaffekränzchen nicht die winzige Teeküche mit klebrigen, kuchenrestbehafteten Tellern zugemüllt hätten, würde ich mir jetzt wenigstens noch einen Kaffee machen. Erzähl mir einer was von hausfraulichen Qualitäten bei Frauen. Sobald das nicht die eigene Bude betrifft und die berufstätige Frau weiß, daß da zwei mal in der Woche eine Putze durchkommt, wird der Siff einfach stehengelassen, bis man mit der Kaffeekanne nicht mal mehr an den Wasserhahn kommt.