Man wird ja genügsam, wenn man den Job lange genug macht. Wenn man eine
fliegende Unterhose zum Mandanten hat, dann kann man nicht erwarten, daß der
in einer (einer? *seiner*!) Familiensache um Sorgerecht und Kindesumgang mit
einem zusammen kämpft. Man ist schon dankbar, wenn der einem dann aus
vorauseilendem Gehorsam gegenüber gendermainstreammäßig aufgestellten
Justizpersonen nicht auch noch in den Rücken fällt. Man fängt dann aber
schon mit dem Fremdschämen an, wenn der Mandant die großartig als Vergleich
deklarierten Krümel feministischer Familienpolitik einzeln so aufhebt, wie
sie vom Richtertisch runtergewischt wurden und sie zum Anlaß überirdischer
Verzückung nimmt und bestaunt, als hätte er ein paar Goldnuggets oder
Rohdiamanten gefunden. Ich konnte ihn mit Mühe davon abhalten, seiner
Nochfrau und ihrer Kampfemanzenanwältin die Ärsche zu küssen. Wenn ich
jemals *dem* Archetypus einer Kampfemanze in Anwaltsrobe begegnet bin, dann
heute. Und ich hab schon viele von der Sorte gesehen.
Immerhin hatte ich zwischendrin kurz die Kinnladen der versammelten Damen
einschließlich des männlichen Feministen (die Konvertiten sind ja immer die
Schlimmsten!), der als Verfahrensbevollmächtigter der Kinder bestellt war,
zum Runterklappen gebracht. Für einen kleinen Augenblick blitzten das
juristische Handwerk und die reine Logik auf, um dann beim Abdiktieren des
Vergleichs wieder dem dumpfen Gendermainstream mit seiner klassischen
Rollenverteilung von Gut und Böse, glaubwürdig und unglaubwürdig,
erziehungsfähig und
neinmännernkannmangrundsätzlichkeinekleinenkinderanvertrauen zu weichen.
Wenn ich viel Glück habe, dann nimmt die junge Richterin sich den
Vergleichstext, den ihr der Anwalt der Kinder in den Mund gelegt hatte und
meinen Textvorschlag, legt sie nebeneinander, nimmt sich ein gutes Glas
Rotwein, einen Cognac oder von mir aus einen Pfefferminztee (die sah nicht
aus, als würde sie ein Glas Bier auch nur anrühren), liest sich die zwei
Versionen noch einmal durch und läßt das Sacken. Vielleicht, wenn ich noch
mehr Glück habe, erinnert sie sich ja daran, daß die Sprache unser Handwerk
ist, und was man mit einer Formulierung erreichen oder anrichten kann, je
nachdem.
Die jungen Leute sind ja noch lernfähig, insbesondere die jungen
Richterinnen beim Familiengericht. Bei denen habe ich schon öfters
kampferfahrene 68er-Emanzen auf die Nase fallen sehen.
Vielleicht ist doch Hoffnung, daß die Geschlechter in 20, 30 Jahren wieder
halbwegs normal miteinander umgehen...