Ich wundere mich bei den Gegnern von Hartz 4 immer über die Annahme, daß andere Leute lieber besser alimentiert zu Hause sitzen wollen, statt für wenig Geld arbeiten zu gehen.
Ganz so einfach und schwarzweiß ist das nicht. Nicht ohne Grund gab es vor Einführung des AlG2 zu Zeiten der Arbeitslosenhilfe die sogenannte Alhi-Rutsche, in der einem Leistungsbezieher abgestuft immer unqualifiziertere Tätigkeiten zugemutet wurden, nach Dauer der Arbeitslosigkeit.
Das ist etwas völlig anderes, als Deine Unterstellung, ein Hartz-IV-Empfänger würde lieber däumchendrehend zuhause sitzen, als eine schlecht bezahlte Arbeit anzunehmen.
Diese Hartz-IV-Adel, der sich für jede Arbeit zu schade ist, gibt es natürlich. Ein klassisches Beispiel dafür ist mein Stiefsohn, der in zwei Monaten 35 wird und in seinem ganzen Leben noch nicht einen Tag gearbeitet hat. Solche Individuen sind aber die absolute Minderzahl, und man sollte sich hüten, die große Mehrheit der Hartz-IV-Bezieher mit denen in einen Topf zu werfen, was aber regelmäßig geschieht.
Wenn ein Familienvater oder Alleinerziehender "für wenig Geld" arbeiten geht, darf man nicht vergessen, daß derjenige dann oft genug eben nicht aus dem Leistungsbezug rauskommt, sondern Aufstocker bleibt, d.h. weiter ergänzende Sozialleistungen bezieht. Es ist, wenn man die üblichen Verpflichtungen hat, eben notwendig, ein gewisses Einkommen zu erzielen.
Im Grunde liefert ihr mit diesem Menschenbild das beste Argument für den Druck, der seitens des Arbeitsamts aufgebaut wird.
Dein Menschenbild, nicht meins.
Man könnte ja stattdessen der Meinung sein, daß man lieber produktiv und selbstbestimmt auch für wenig Geld arbeiten geht, statt alimentiert zu werden. Warum nicht das?
Da wirfst Du aber viele Sachen in einen Topf, die nicht zusamengehören.
Ich stimme Dir zu, daß es für die persönliche Seelenhygiene besser ist, für wenig Geld wenigstens irgendwas zu tun, als sich zu 100 % alimentieren zu lassen, selbst wenn es nur zum Aufstocker reicht. Eine Perspektive ist so was für den Einzelnen allerdings auch nicht.
Es gibt keinen Topf, also kann der auch nicht voll sein. Die Arbeitslosenversicherung ist mehr oder weniger ein Umlagesystem mit einer Schwankungsrücklage, die derzeit allerdings zu groß ist.
Im Gegensatz zu AlG1 ist AlG2 im eigentlichen Sinn auch keine Versicherungsleistung mehr.
Man kann sich darüber beklagen, daß ca. die Hälfte der Einnahmen zweckentfremdet werden.
Man kann nicht nur, man sollte das auch.
Wer nur kurzzeitig arbeitslos wird, bekommt ALG I und das ist ziemlich nah am letzten Netto. ALG2 ist für den gar kein Thema.
Ich kann jetzt nicht wirklich finden, daß AlG1 nah am letzten Nettoverdienst ist. Und bei der kurzen Bezugsdauer steht AlG2 direkt vor der Tür und ist vom ersten Tag der Arbeitslosigkeit ein Thema.
Man muß das Geld von der Allgemeinheit nicht nehmen, wenn man nicht durch Reifen springen will.
Man muß sich aber nicht auch noch die Pappnase dazu aufsetzen müssen. Vieles von dem, was Jobcenter verlangen, ist schlicht sinnbefreit und rein schikanös.
In der Praxis gibt es immer noch genug Wege, um einen ungewollten Job herum zu kommen
Längst nicht mehr so einfach wie vor ein paar Jahren noch.
oder sich z.B. mit der Untervermietung der eigenen Wohnung bei gleichzeitigem Bezug von Wohngeld ein "Extraeinkommen" zu beschaffen.
Wie das? Die Untermiete muß als Einkommen angegeben werden.