Deswegen: "Die Verhältnisse sind nicht so, als dass ich mit meinen gelebten Idealen hier zurechtkäme...die von der Gesellschaft propagierten Ideale sind zu stark und haben die größere Lobby"
Angesichts der Freiheiten, die man heute hat, empfinde ich das als Lamentieren. Das müssen schon sehr extreme Ideale sein, die einen derart in Konflikt mit der Gesellschaft bringen, daß einem heute ähnliches droht. Die Grenzen für das Ausleben persönlicher Ideale sind sehr weit gesteckt. Mir fallen eigentlich nur diese religiösen Randgruppen ein, die in Konflikt mit der allgemeinen Schulpflicht geraten. Aber in den Turm gesperrt wird da auch keiner mehr.
Sie dürfen sagen, was sie wollen, aber es macht den Anschein, daß relativ wenig über den Tellerrand geschaut wird. Man kann entweder in die Geschichte oder in andere Länder schauen, um zu sehen, wie leicht wir es in der Hinsicht haben.
Du empfindest das als lamentieren. Das kann ich bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen.
Aber es ist ganz und gar nicht schwer, mit seinen Ansichten anzuecken, selbst bei banalen Angelegenheiten.
Wir haben die prinzipielle Freiheit uns auszuleben. Aber die Reaktion des Umfeldes
müssen wir auch einstecken können. Man ist ganz schnell "persona non grata", wenn man sich
z. Bsp. im Verein als schwul outet. Mal als Extrembeispiel.
Böse Zungen nennen es auch die Diktatur des Kleinbürgers.
Ich nenne es mal Gruppendynamik. Aus Gesprächen mit anderen kenne ich
die große Angst, ein Außenseiter zu werden.
Deswegen wird so häufig gemacht, "was alle machen". Es wird sich angepaßt,
bis zum psychischen Zusammenbruch oder dem terminalen Herzinfarkt.
Sicher ist das überspitzt dargestellt, aber ich habe die letzten Jahre festgestellt,
daß es, als Beispiel, schon schwierig ist, zu kommunizieren, daß ich gerne auch alleine bin.
Daß ich physisch alleine bin, aber mich dabei nicht psychisch einsam fühle.
In diesen Gesprächen habe ich festgestellt, daß die Angst ein "Außenseiter" zu sein, nicht die Ausnahme,
sondern die Regel ist. Auch bei den härtesten Männern, nicht nur bei den Weicheiern.
Der Punkt ist, daß es bei den meisten gar kein selbst bestimmtes Leben ist,
sondern die Abhängigkeit von Bestätigung durch andere das Leben bestimmt.
Das ist das Drama, daß wir erleben. Unangepaßt und frei durchs Leben zu
gehen, darauf bereitet uns keiner vor. Schon gar nicht die Schule.