Gestern war ich nach dem Büro noch mit einem Freund unterwegs, einen Schrank für eine Bekannte transportieren. Der war in einer Altenwohnanlage abzuholen; die Bewohnerin der Wohnung war ins Pflegeheim umgesiedelt und konnte den Schrank nicht mitnehmen.
Die Anlage war ziemlich neu, groß, viel Beton und pseudogemütlich:, d.h. sinnlos verwinkelte Wohnung etc. (ich habe keine Ahnung, warum Planer glauben, alte Menschen fänden verwinkelte Räume angenehm.)
Man sollte meinen, daß so was eine tolle Einrichtung ist, aber ich wollte da so schnell wie nöglich wieder weg.
Die ganze Anlage wirkte auf mich wie ein Altenghetto, über allem waberte eine Aura der freundlichen, aber bestimmten Entmündigung. Empfangen wurden wir von einer Nachbarin der leeren Wohnung, die den Schlüssel hatte. Eine nette alte Dame mit einem deutlichen Sprachfehler (oder einem kaputten Gebiß). Sie wiederholte stereotyp die gleichen drei Sätze. Nach den dritten Durchgang hatte man trotz Sprachfehler verstanden, was sie von einem wollte, ab den 10. Durchgang wurde es lästig. In der Zwischenzeit (Schrank mußte erst zerlegt werden) tummelten sich noch ein paar Alte vor der Wohnung, die im Erdgeschoß lag, und sahen uns zu. Mir war entfallen, welches Geschick eine Ansammlung von Rentner darin entwickeln kann, im Weg zu stehen. Wahrscheinlich verblödet man, wenn man keine Aufgabe mehr hat und dazu noch in so einer Atmosphäre lebt. Irgendwann fingen bei mir sämtliche Nackenhaare an, sich aufzustellen und ich bildete mir ein, einen deutlichen Verwesungsgeruch wahrzunehmen.
Die ganze Angelegenheit war einfach schrecklich.
Ich denke, diese Altenghettos sind eine Sackgasse; da muß man ja so werden. Man kann alte Menschen nicht so behandeln; die müssen weiter unter "jungen" Menschen bleiben, damit sie nicht gaga werden.
Ich will jedenfalls lieber von der Straßenbahn überrollt werden, als in so einem Ding zu enden.