Autor Thema: Das Leben und ich  (Gelesen 141411 mal)

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Offline Nikibo

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Das Leben und ich
« am: 09. Juli 2014, 21:35:09 »
Manchmal schreibe ich ganz gern meine alltäglichen Erlebnisse auf. Wenn ihr mögt, teil ich sie ab und an hier mit, ansonsten einfach den Thread löschen.
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Offline Nikibo

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Re: Das Leben und ich
« Antwort #1 am: 09. Juli 2014, 21:36:44 »
Alles muss man selber machen
oder wie man sich mal wieder blamiert

Aus einer Wunde gucken zwei dicke Nylonfäden keck hervor. Und sorgen dafür, dass das nicht abheilt. Also ruf ich im Krankenhaus an und bekomme die professionelle Auskunft: "Können Sie mit der Nagelschere abschneiden!"

SCHLUCK! Die kennen meine Nagelschere nicht. Ich brauch so was nicht, ich feile. Vielleicht ist sie nicht aus dem vorigen Jahrhundert, aber sie sieht so aus. Andere Scheren hab ich satt, auch scharf, aber viel zu groß, da ist der Arm gleich mit ab.
Na gut, Nagelschere desinfiziert. Und geschnibbelt. Hat schon mal einer als Rechtshänder linkshändig die Schere bedient und dann versucht, in der rechten Achsel einen Nylonfaden stramm hochzuziehen und abzuschnippeln. Nein? Ich sag euch, das ist eine verflucht undankbare Aufgabe.

Die Nachbarin zu Hilfe gebeten. Die ist leidensfähig und Kummer mit mir gewohnt. Wir brauchen Licht. Tageslicht. Also ab ins Schlafzimmer, der hellste Raum, ist ja klar, bei uns ist eben alles anders.

Gardine zur Seite gezogen, die Nachbarn gegenüber sind in Urlaub, also freie Fahrt, kann keiner gucken.
Nachbarin zieht an den Fäden, schneidet zaghaft. Klappt nicht. Ein Hin und Her, wir haben nicht genug Hände. Pullli hochhalten und Wunde straffen = ich. Am Faden ziehen, andere Seite straffen und schneiden = sie. Klappt immer noch nicht. "Zieh Dich aus", meint sie. Okay, gesagt, getan, mach ich mich eben noch oben rum naggisch. Und sie zieht und schnippelt.

Und während sie die OP erfolgreich vornimmt, öffnet sich gegenüber die Haustür und der leider nicht urlaubsabwesende Mieter, der sonst niiiiiie da ist, guckt mir direkt auf die Bützjes und sieht, wie die Nachbarin an mir rumfummelt.

Herr im Himmel. Ich hab aber auch ein Pech ;)
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Offline Nikibo

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Re: Das Leben und ich
« Antwort #2 am: 09. Juli 2014, 21:46:28 »
Die Tage in Tirol bei der Familie waren wieder herrlich, obwohl das Herzblatt auch dieses Mal nur knapp an einer Spontanscheidung vorbeigekommen ist.

Das letzte Mal schleifte er mich mit kaputtem Knie statt des gewünschten leichten ("leicht" bedeutet nicht mehr als 10% Gefälle, Liebling) und kurzen ("kurz" bedeutet nicht mehr als eine (!) Stunde, Liebling) Weges über drei Gondelstationen (ich hab Höhenangst, Liebling! Nein, ich kann nicht da runter gucken, Liebling!)  bis zum Gipfel des Gletschers in 3500 m Höhe.

Ich komme aus Wuppertal, unser höchster und als solcher nicht erkennbarer, weil nur sacht ansteigender Berg hat 129 m. Da braucht es im Winter bei uns schon Allrad! Und jetzt unvorstellbare 3500 m, erreicht in einem wackeligen voll verglasten Gefährt names Seilbahn, das der Teufel höchstpersönlich für Höhenängstler entworfen haben muss.

Von dem mehr als 5 (!)-stündigen Abstiegstolpern, teils auf allen Vieren, habe ich mir, beflügelt durch die Mitleidsbekundungen der uns im ersten Drittel entgegenkommenden Bergsteiger, die angesichts meines Knies meinem angetrauten Sklaventreiber noch eindringlich rieten, mich zur Gondel zurückzubringen, mindestens satte 2,5 Stunden mit wüsten Beschimpfungen gegen ihn vertrieben. Den Rest der Zeit habe ich über Shoppingtouren auf seine Kosten nachgedacht.

Danach war der Urlaub aber wieder ganz harmonisch und so im Nachhinein betrachtet, war es einer der schönsten Spaziergänge, die ich je gemacht habe. Also so landschaftsmässig gesehen.

Das war nun vier Jahre her. Meine Gelenke knacken und schmerzen mehr denn je in ungefähr in gleichen Verhältnis wie mein Gedächtnis nachlässt. Leider! Außerdem glaube ich ja immer noch an die Lernfähigkeit von Männern. Ich bin ja mit fast 60 immer noch so naiv!

Nun denn, es hieß dann vor einer Woche wieder: "Auf nach Tirol!" Neben meiner ausgeprägten Angst vor Autofahrten mit meinem Herzblatt bin ich ja nun auch noch Erdkundelegastheniker. Vor jeder Fahrt stehe ich also vor der Entscheidung, vor Angst unterwegs zu sterben, wenn er fährt oder galant das Ziel zu verpeilen, wenn ich fahre. Er gewinnt immer, alldieweil es mich auch ärgert, wenn er sich mit beiden Händen am Haltegriff festhält, nur weil ich mit 100 und 10 Wagenlängen Abstand durch die Gegend tuckere. Wie kann man sich nur so anstellen?!

Die ersten beiden Tage waren naßkalt, so dass wir erst am Montag den ersten schönen Spaziergang machen konnten und dabei feststellten, wie eingerostet wir doch schon sind. Bergauf hatten wir keine Luft, bergab knackten alle Knochen. Den o. a. Weg der Flüche schminkten wir uns daher gleich ab. Aber es gibt ja genug Auswahl im schönen Tirol!

Gitti, meine Lieblingsschwägerin, karrte uns also in die Nähe zum Haus Vogelnest und beschrieb dem da noch weltbesten Ehemann, wie wir wandern mussten. Kein anderer als mein Mann kann derart interessiert zuhören, wiederholen und darüber diskutieren ohne das Geringste davon aufzunehmen, geschweige denn, sich daran zu erinnern.
Kaum war der Wagen entschwunden und wir auf dem Weg, teilte mein Mann mir mit sorgenvoller Miene bedeutungsschwanger mit: "Du weißt aber schon, dass wir über eine sehr abenteuerliche Brücke wegen des Wasserfalls gehen müssen?!" Mir blieb augenblicklich in Erinnerung an den Weg der Flüche das Herz stehen! Ich dachte an Seilbrücken über tosenden Niagarafällen, an den Hund, der mir in bodenlose Tiefen unrettbar abstürzt und fing sofort an zu heulen.
Solchermaßen eingestimmt erreichten wir die Brücke. Die bestand aus rohen Holzstämmen, quer zur Schlucht und während ich noch davor stand  und überlegte, ob ich überhaupt da drüber gehen kann bzw. will, latscht dieses Urgestein an Empathielosigkeit namens Ehemann wortlos an mir vorrüber und der blöde Köter hüpft lustig hinter ihm her. Also fasste ich mir ein Herz und betrat die Brücke und zwar nur wegen des Hundes! Das ging genau bis zur Mitte gut, danach war Schluss. Erstens schwankten die lose verlegten Mistbäume unter mir gewaltig und wenn ich keinen festen Boden unter den Füßen habe, spielt mein Kreislauf Roulette. Und genau vor mir war eine Lücke von mindestens 20 cm. Und danach noch eine Lücke und noch eine. Da konnte ich durchgucken! In den Abgrund! Geschätzt 10 m, gefühlt mindestens 1000 m! Was für eine perfide Idee, Lücken erst in der Mitte einzubauen! Ich stand wie angemeißelt und nix ging mehr, weder vor noch zurück. Das zweibeinige Monster kam samt Hund zurück, packte mich und schleifte mich über die Brücke. Das einzige, was ich währenddessen noch von mir geben konnte, war, dass ich ihn hinterherschmeiße, wenn der Hund abstürzt und ich jetzt sofort mobil geschieden werden will!

Drüben angelangt, stellten wir dann fest, dass wir gar nicht über die Brücke gemusst hätten. Er hat gar nicht erst versucht, mich nochmals über die Brücke zu zwingen, er ist auch gar nicht zu Wort gekommen. Wir sind dann durch den Fluss zurück und da ich wasserfeste Stiefel anhatte, hoffte ich nur rachsüchtig, dass seine Wanderschuhe im wadenhohen Wasser gründlich absoffen und er Blasen bis zum Hals schob.
Den Rest des Weges gingen wir mit mindestens 50 m Abstand, was einzig den Hund störte. Daheim angekommen, erfolgte beiderseitiges Wutpacken, die Abreise verlief aber irgendwie im Sande, vermutlich waren wir einfach zu erschöpft.

Im Kreise der ortskundigen Familie haben wir an den folgenden Tagen aber noch herrliche Spaziergänge gemacht und deshalb war es mal wieder ein wunderschöner Aufenthalt in Tirol. Unvergesslich ist er ja immer! ;)
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Offline nigel48

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Re: Das Leben und ich
« Antwort #3 am: 09. Juli 2014, 21:58:10 »
mach ein buch draus.
Man fährt an den See, um zu schwimmen - nicht wegen der Mücken, oder? - Lemmy Kilminster

Offline phoenix

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Re: Das Leben und ich
« Antwort #4 am: 09. Juli 2014, 22:02:30 »
Ich muss Tränen lachen, Du kannst  so herrlich schreiben Ibo, hast Du mittlerweile deine Memoiren mal fertig ? 8) ;D
"Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher." (Albert Einstein)

Offline Nikibo

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Re: Das Leben und ich
« Antwort #5 am: 09. Juli 2014, 22:07:32 »
Ja, die Sache mit dem Buch, aber dafür passiert mir nicht genug und es ist ja auch kein durchgängiger Faden, halt alles nur so einzelne Geschichtchen ;) Aber trotzdem danke, ich freu mich, wenn ihr darüber lachen könnt!
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Offline phoenix

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Re: Das Leben und ich
« Antwort #6 am: 09. Juli 2014, 22:22:14 »
Das so schreiben zu können ist auch eine Gabe. ;-)
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Offline Nikibo

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Re: Das Leben und ich
« Antwort #7 am: 09. Juli 2014, 22:28:59 »
Danke, danke!
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Offline Korinthenkackerin

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Re: Das Leben und ich
« Antwort #8 am: 09. Juli 2014, 22:38:19 »
Ich warte auf die Geschichte deiner Hochzeit, die war so köstlich  ;D. Hoffentlich hast du die noch irgendwo auf dem Rechner?
Ein Freund ist jemand, der dich mag, obwohl er dich kennt!
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Offline Nikibo

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Re: Das Leben und ich
« Antwort #9 am: 09. Juli 2014, 22:39:42 »
Uff, mussichgucken
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Offline Korinthenkackerin

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Re: Das Leben und ich
« Antwort #10 am: 09. Juli 2014, 22:41:17 »
Und die, als du dich verfahren hattest und ich zitiere "die Autobahn plötzlich weg war"  ;D ;D ;D
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Offline Nikibo

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Re: Das Leben und ich
« Antwort #11 am: 09. Juli 2014, 22:47:04 »
Hochzeit


Es war, wie könnte es bei uns auch anders sein, leicht chaotisch ...



Der Freund der Trauzeugin, seines Zeichens Buchhalter, vergaß den Anzug und schmiss sich statt in Schale, in Jeans und T-Shirt.



Die Trauzeugin stellte just vor dem Standesamt und 5 Minuten vor der Trauung fest, dass sie ihren Ausweis vergessen hatte, weswegen der Buchhalter kurzfristig in Jeans und T-Shirt die Rolle übernahm.



Der 43-jährige Ex-Freund der Braut, seines Zeichens Student, mimte den Trauzeugen des Bräutigams und wurde dank seines passenden Outfits (Anzug vermutet man eben nicht bei Studenten) von der Standesbeamtin für den Buchhalter gehalten, was den tatsächlichen Buchhalter etwas frustrierte, den Studenten aber sichtlich erfreute.



Da die Rede der Standesbeamtin mit dem dezenten Hinweis auf die zu erwartende Silberhochzeit begann, platzte der überaus nervöse Bräutigam mit seiner wahren Altersangabe heraus: "Aber ich bin doch schon 48!!!!"

Die Braut wähnte sich schlicht im falschen Film und fragte sich ernsthaft, ob dies ihre Hochzeit sei, verglich vorsichtshalber noch einmal Datum und Uhrzeit. Mehrere hilfesuchende Blicke zum Bräutigam wurden von diesem jedoch nicht registriert und so fügte sie sich in ihr Schicksal.



Die Kinder amüsierten sich königlich und nicht dem Ernst der Lage angemessen, weswegen sie sich eine harsche Rüge der Standesbeamtin einfingen. O-Ton: "RUHÄÄÄÄ in der zweiten Reihe, sonst fliegt ihr raus!" Der durchaus vertraute Tonfall bewirkte, dass sich die Kinder nun erst richtig heimisch fühlten.



Um das Chaos zu vollenden, unterschrieb die Braut an der falschen Stelle des amtlichen Formulars - welch gottloser Frevel an Beamtentum! Sofort wurde sie von der Standesbeamtin gerügt; die Trauung für eine Viertelstunde unterbrochen, da ein neues Formular ausgedruckt werden musste. 

Die Hochzeitsgesellschaft blieb in der Erwartung des neuen Formulars sich selbst überlassen.

Zur allgemeinen Belustigung überlegte man, wie wohl die Standesbeamtin reagieren würde, wenn die Braut wiederum nicht an der richtigen Stelle unterschreiben würde ...
Die Standesbeamtin hatte wohl ähnliche Gedanken und war versucht, der Braut die Hand zu führen, beschränkte sich aber dann darauf, halb über ihr zu hängen und ihr ihren neuen Namen zu buchstabieren, was die Braut vollends verwirrte. Auf die vorsichtige Frage der mittlerweile sehr verunsicherten Braut (wer bin ich?), ob man was abkürzen könne, reagierte die Beamtin mit schierem Entsetzen und lautem Aufschrei - dabei meinte die Braut nur das Wort: "geborene".



Unter allgemeiner (unzweifelhaft beidseitiger) Erleichterung verließ man das Standesamt und begab sich zum Essen.

Dort fand man anstelle der bestellten kleinen weißen Blumendekorationen ein in allen Farben prangendes prächtiges Grabbukett vor; jedwede Unterhaltung oder Blickwechsel über den Tisch unmöglich machend. Das Brautpaar wurde allerdings dadurch von den Versuchen des völlig ausgehungerten Studenten, sich das gesamte Salatbuffet auf einen Teller zu packen, zunächst verschont.



Gut gesättigt suchte das Brautpaar ihre Hochzeitssuite auf; gesponsert von der ausweislosen Fast-Trauzeugin und ihrem Freund, dem Buchhalter (oder Studenten?). Hier schlief das Paar sofort erschöpft ein und träumte von Silberhochzeiten ...



Die Kinder des Paares wurden dem Trauzeugenpaar überlassen; wobei hier nicht ganz klar war, wer wen hüten sollte ... so legten die Kinder den Trauzeugen eine DVD ein und baten darum, die Türe geschlossen zu halten ...



Alles in allem ... es war eine Traumhochzeit!



Glückliche frischvermählte Grüße

Nikibo und Schneiderlein
« Letzte Änderung: 09. Juli 2014, 22:50:45 von Nikibo »
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Offline phoenix

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Re: Das Leben und ich
« Antwort #12 am: 09. Juli 2014, 22:49:50 »
Oder die mit dem Tapezieren in der "neuen" Bude, die war auch göttlich.
"Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher." (Albert Einstein)

Offline Nikibo

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Re: Das Leben und ich
« Antwort #13 am: 09. Juli 2014, 22:50:02 »
Hochzeit ja, Autobahn nein - vermutlich auf einem anderen PC, dann ist sie weg. Kann mich aber auch nicht erinnern, dass festgehalten zu haben *grübel*
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Offline Nikibo

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Re: Das Leben und ich
« Antwort #14 am: 09. Juli 2014, 22:58:31 »
Zurzeit bin ich vom Putzwahn geplagt, nein, geplagt ist falsch, ich will einfach gerade putzen. Manchmal habe ich eben solche Anfälle.

Im Zuge dessen fällt mir beim Fensterputzen auf, dass das Küchenfenster nun doch endlich, nachdem es schon vor zwei Jahren eigens dazu abgeschliffen wurde, den neuen Anstrich bekommen könnte. Eigentlich hatte der Vermieter ja vor Jahren sogar mal eine neue Fenster-Tür-Anlage versprochen, tut sich aber nix.

Also, gedacht, getan. Abgeklebt, Farbe gerührt, Rolle geschwenkt. Kaum 5 cm weit gerollt, kommt Kind (18, fährt allein um die Welt, findet sich aber Zuhause nicht zurecht): „Mamaaaaaa, wo ist… ?“ „Nee, weiß ich gerade nicht – mach bitte die Tür wieder zu wegen der Katze!“ Kind zieht ab, um es nach exakt 15 cm weiteren Anstrichs erneut zu versuchen: „Mamaaaa, kannst du mal  …bla bla?“ Leicht genervte Antwort meinerseits, was das Kind veranlasst, türenknallend abzuziehen. Nach weiteren 5 cm erscheint Mann: „Könntest du mal eben .. ?“ Genervte Antwort: „Nein!“ Innerliches Fluchen. Kind erscheint wieder, wird im Ansatz niedergebrüllt: „Raus, Tür zu!“

Die Tür wird nicht zugemacht. Zur Abwechslung kommt jetzt die Katze. Hopst zielsicher über die Farbwanne, die mitten in der Öffnung der Balkontür steht, nach draußen. Mir schwant Böses für den Rückweg, so ganz kleckerfrei ist das Umschütten der Farbe in das Abstreifkästchen nicht vonstatten gegangen. Und die Katze schielt, ist also nicht so trittsicher, wie es Katzen üblicherweise sind.

Ich bitte meinen Mann, die Katze woanders hin zu locken, damit sie nicht in die Farbe latscht. Was passiert? Mann lockt nicht, Mann scheucht die Katze. In Panik zwängt sie sich an ihm vorbei, nasse Farbe vom Türrahmen mitnehmend unter Zurücklassung siamesischer Haarpracht auf derselben und ja, natürlich, voll mit einer Pfote in die Farbwanne, alle paar Zentimeter nun über Fliesen, Teppiche und Parkett verteilt niedliche Pfotenabdrücke hinterlassend.

Mein Fluchen ist nun 3 Häuser weiter noch zu hören: „Bin ich hier nur von Idioten umgeben?“, denke ich jetzt nicht nur wie sonst so oft. Gott, tut das gut, das rauszuschreien! Die Katze hat sich zielsicher in das Zimmer geflüchtet, das am weitesten von der Küche entfernt ist. Ca. 20 m mit gut 40 Katzenpfotenabdrücken aus feinster weißer Lackfarbe werden mit Verdünnung entfernt. Die Katze ist sicher im Fluchtraum eingesperrt, Kind bekommt den Auftrag, die Katze zu säubern.

Ich streiche weiter, nach ca. 25 cm erscheint das Kind erneut: „Ist die Farbe giftig?“ Ich bin jetzt durchaus in der Stimmung, die Giftigkeit umgehend anhand von illegalen Versuchen am lebenden Objekt Kind nachzuweisen. Ich halte nach einem Trichter Ausschau. Kind ahnt meine Stimmung und rechtfertigt sich: „Ich mein ja nur, die Katze liegt auf meinem Bett und leckt sich die Farbe ab.“ „Wie, die Katze liegt auf Deinem Bett, die Katze ist doch eingesperrt oder etwa nicht mehr?“, frage ich, schon weiteres Unheil ahnend. „Nö, die hab ich rausgelassen, die liegt so gern auf meinem Bett und wenn ich sie schon saubermachen soll, dann kann sie es ja auch bequem haben!“

Mir geht sofort der Gedanke an weitere 40 weiße niedliche Katzenpfotenabdrücke durch den Kopf, verbunden mit einem beschmierten Weichholzbett (neu), versauter Bettwäsche (auch neu), die erst gestern frisch aufgezogen wurde. Ich lasse die Rolle fallen und eile ins Kinderzimmer. Richtig, das vermaledeite Viech liegt auf dem Bett und leckt sich die Farbe ab. Wie doof sind eigentlich Katzen?

Verdünnung her und ab ins Bad. Kind soll die Katze festhalten, Kind ist weichherzig, hat Mitleid mit der Katze und hält sie zart wie ein Baby im Arm, während ich versuche, die Farbe mittels einem mit Verdünnung getränktem Tuch von der Katzentatze zu wischen. Der Katze passt das natürlich nicht. So landen vier nadelscharfe Krallen tief in meinem linken Schulterblatt. Während Kind hilflos von hinten an der Katze zieht, versuche ich, mit der rechten Hand die Krallen aus der linken Schulter zu lösen, dabei noch die Katze festzuhalten. Ein missliches Unterfangen. Kaum habe ich eine Kralle raus, schiebt sich die nächste noch tiefer rein. Aber dann bin ich befreit. Anschließend halte ich die Katze richtig fest und säubere sie, nicht ganz einfach, Kind muss mithelfen. Im Gedränge der vier Hände gegen vier nadelscharf bewehrte Katzenpfoten in nur einem Waschbecken landet das Shampoo zum Nachspülen leider an einer völlig anderen Stelle der Katze als erforderlich. Wir halten die komplette Katze unter lauwarmes Wasser und spülen sie einfach aus. Das liebevolle Abtrocknen versöhnt die Katze nicht wirklich mit der Behandlung. Ein Leckerli nimmt sie jedoch gnädig an. Jetzt liegt sie wieder auf dem Bett.
Ich streiche weiter, werde fertig. Als ich mitten in Wolken von Verdünnung schwebend, Gerätschaften und mich von den Farbresten befreie, kommt mein Mann und bietet mir aufmunternd eine angezündete Zigarette an …

Demnächst schicke ich alle in Urlaub, wenn ich streichen will, samt Katze!
Das Fenster ist jetzt fertig. Ich auch.
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