Autor Thema: nett geschrieben - nett zu lesen  (Gelesen 186002 mal)

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Yossarian

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Vom Aufstieg der Selbstmit-Leid-Medien
« Antwort #300 am: 17. März 2015, 07:10:33 »
die freiwillige Selbstaufgabe der Meinungs- und Pressefreiheit lässt sich auch in anderen Zusammenhängen beobachten: Medien zeigen nicht nur eine wachsende Bereitschaft, die eigenen inhaltlichen Spielräume einer vermeintlich größeren Sicherheit zu opfern, die sie sich „von oben“, also von der Politik erhoffen. Zugleich reagieren sie aber zunehmend dünnhäutig auf Kritik „von unten“, also von den Lesern. Offenbar fehlt es mittlerweile nicht nur am Mut, eigene kontroverse Standpunkte zu publizieren, sondern auch an der Überzeugung, diese auch gegenüber Kritikern offensiv verteidigen zu wollen oder zu können. Selbstbewusste Medienerzeugnisse zogen früher ihren ganz eigenen Stolz daraus, den Zorn anderer auf sich zu ziehen. Gerade das machte ihr Profil sowie die Vielfalt der Medienlandschaft insgesamt aus, und gerade dafür wurden sie von ihren Anhängern geliebt und auch öffentlich verteidigt. Heute hingegen gefallen sich große Teile der zunehmend eingeebneten Medienwelt in Selbstmitleid, zeigen sich schockiert angesichts der Ablehnung, die sie gelegentlich erfahren, und küren beleidigt und eingeschnappt – quasi zur Bestätigung ihrer eigenen Opferrolle – den Begriff „Lügenpresse“ zum Unwort des Jahres 2014.

Hieran zeigt sich die vollständige Auflösung des einstigen Selbstverständnisses von Medien und dem daraus abgeleiteten Recht auf Meinungsfreiheit. Ursprünglich ging es bei dessen Verteidigung darum, sich selbst – und damit auch den Bürgern – die eigene Meinung durch herrschende Kräfte, also durch die weltliche oder religiöse Macht im Staat, nicht verbieten zu lassen. Heute hingegen verstehen sich Medien als Bestandteil des Herrschaftsapparates und meinen nun, sich gegen den etwaigen Leserzorn abschotten zu müssen. Die größte Gefahr für die Debattenkultur im Lande geht dieser Sichtweise folgend nicht mehr von „den Mächtigen“ aus, sondern von sogenannten „Trollen“.


Quelle

marple

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Re: nett geschrieben - nett zu lesen
« Antwort #301 am: 17. März 2015, 21:49:36 »
Datt isser, mein Tucholsky. Wie er mir aus der Seele spricht...



Das Ideal

Ja, das möchste:
Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse,
vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße;
mit schöner Aussicht, ländlich-mondän,
vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn -
aber abends zum Kino hast dus nicht weit.
Das Ganze schlicht, voller Bescheidenheit:

Neun Zimmer - nein, doch lieber zehn!
Ein Dachgarten, wo die Eichen drauf stehn,
Radio, Zentralheizung, Vakuum,
eine Dienerschaft, gut gezogen und stumm,
eine süße Frau voller Rasse und Verve -
(und eine fürs Wochenend, zur Reserve) -
eine Bibliothek und drumherum
Einsamkeit und Hummelgesumm.

Im Stall: Zwei Ponies, vier Vollbluthengste,
acht Autos, Motorrad - alles lenkste
natürlich selber - das wär ja gelacht!
Und zwischendurch gehst du auf Hochwildjagd.

Ja, und das hab ich ganz vergessen:
Prima Küche - erstes Essen -
alte Weine aus schönem Pokal -
und egalweg bleibst du dünn wie ein Aal.
Und Geld. Und an Schmuck eine richtige Portion.
Und noch ne Million und noch ne Million.
Und Reisen. Und fröhliche Lebensbuntheit.
Und famose Kinder. Und ewige Gesundheit.

Ja, das möchste!

Aber, wie das so ist hienieden:
manchmal scheints so, als sei es beschieden
nur pöapö, das irdische Glück.
Immer fehlt dir irgendein Stück.
Hast du Geld, dann hast du nicht Käten;
hast du die Frau, dann fehln dir Moneten -
hast du die Geisha, dann stört dich der Fächer:
bald fehlt uns der Wein, bald fehlt uns der Becher.

Etwas ist immer.
Tröste dich.

Jedes Glück hat einen kleinen Stich.
Wir möchten so viel: Haben. Sein. Und gelten.
Daß einer alles hat:
das ist selten.


Yossarian

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Re: nett geschrieben - nett zu lesen
« Antwort #302 am: 19. März 2015, 20:56:47 »

Yossarian

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Re: nett geschrieben - nett zu lesen
« Antwort #303 am: 23. März 2015, 19:03:20 »

Yossarian

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Re: nett geschrieben - nett zu lesen
« Antwort #304 am: 27. März 2015, 22:45:35 »

Conte Palmieri

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Yossarian

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Re: nett geschrieben - nett zu lesen
« Antwort #306 am: 31. März 2015, 16:33:58 »

Yossarian

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Offline Kulle

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Re: nett geschrieben - nett zu lesen
« Antwort #308 am: 06. April 2015, 20:55:25 »

Conte Palmieri

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Re: nett geschrieben - nett zu lesen
« Antwort #309 am: 08. April 2015, 16:01:15 »
Schwachsinn.

Yossarian

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Re: nett geschrieben - nett zu lesen
« Antwort #310 am: 08. April 2015, 16:54:37 »

Yossarian

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Re: nett geschrieben - nett zu lesen
« Antwort #311 am: 08. April 2015, 17:17:04 »
Überhaupt ist Martenstein gar niemals nicht Schwachsinn.

Conte Palmieri

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Re: nett geschrieben - nett zu lesen
« Antwort #312 am: 10. April 2015, 09:14:15 »
Schwachsinn ist die Unterstellung, ich würde deswegen "wüten".

Yossarian

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Re: nett geschrieben - nett zu lesen
« Antwort #313 am: 10. April 2015, 09:25:04 »
Ah, okay.

Yossarian

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Re: nett geschrieben - nett zu lesen
« Antwort #314 am: 16. April 2015, 19:42:46 »