Constanza fand ich schlimm, Rumänien überhaupt fand ich grausam. Allerdings war ich da so um 1985, vielleicht ist es jetzt anders. Der Unterschied zu Oostende ist, daß mir dort keiner der Ureinwohner meine Uhr vom Handgelenk oder die Jeans direkt vom Arsch runter abkaufen will; aber - wie gesagt - das war 1985 und überall war alles vorgepflastert mit der Fratze von Ceaucescu und irgendwelchen Sprüchen, die er zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit abgesondert hat / haben soll. Ich mochte das Land nicht und war froh, als nach zwei Wochen der Flieger nach Hause ging.
Oostende hat viel von seinem morbiden Charme verloren. Was an Altbausubstanz nicht abgerissen und durch häßliche Betondinger ersetzt worden ist, wird entkernt und luxussaniert. Man muß in den Seitenstraßen suchen. Mein Liebligsrestaurant befindet sich in so einem verlotterten alten Haus, und ich fürchte, das steht ganz oben auf der Liste der anstehenden Kernsanierungen. Meine Lieblingspralinenmanufaktur ist dem schon zum Opfer gefallen. Flandern geht es gut, und das zeigt man auch. Wenn man etwas übrig hat für Morbidität, dan ist man inzwischen in der Wallonie besser aufgehoben, insbesondere in den kleineren Orten um Lüttich rum.
Fährt man von Oostende südlich Richtung Dünkirchen, ist es wirklich geil. Es lohnt sich, von der Küste wegzubleiben und im Hinterland rumzukurven. Die Ecke um Ieper rum ist Klasse; man stolpert dort überall über Soldatenfriedhöfe aus dem ersten Weltkrieg. Man sollte mal anhalten und sich die Zeit nehmen, über so einen Platz zu gehen. Nur beispielhaft fällt mir ein Grab eines Jungen aus Neuseeland wieder ein. Da fährt ein Kerlchen von 17 Jahren um die halbe Welt, um sich 1917 in einem Erdloch totschießen zu lassen. Und inzwischen ist sein Grab gepflegt, als wäre er kürzlich verstorben und die, die ihn damals betrauert haben sind längst selbst tot und ihre Gräber vielleicht schon vergessen bzw. eingebnet. Man muß das mal auf sich wirken lassen.
Wenn man schon da unterwegs ist, sollte man Westvleteren ansteuern, wo das beste Bier der Welt in der St. Sixtus Abtei gebraut wird. Man braucht ein Navi oder eine gute Nase für Bier; denn die verstecken sich und ihr Bier sehr gut. Mit einer bloßen Straßenkarte würde ich wahrscheinlich immer noch kreisen und suchen.