Wahrscheinlich bin ich immer noch zu manipulierbar. Bei Walking Dead kann ich mich tatsächlich mit einer Person identifizieren - mit Daryl. Und ich glaube nicht, dass diese Serie so angelegt ist, dass der Zuschauer bewusst daneben stehen soll.
Daryl ist ja auch so ein Typ, der eigentlich erst mal nicht dazu taugt, so als Redneck mit rohen Manieren, der nur knapp die Kurve gekriegt hat, nicht so zu werden wie sein Bruder.
Ich glaube schon, daß die Serie damit spielt, Befremden auszulösen und sich zu fragen, ob man das alles billigen kann, was die tun, vor allem, wenn sie immer feindseliger gegen Leute werden, die eigentlich noch eher so sind wie der Zuschauer. Die werden mit der Zeit ja immer kaltblütiger und dann wird einem eine andere Gruppe vorgestellt, die zu Kannibalen geworden ist, die man aber bei der Entwicklung dahin nicht beobachten konnte. Es wird einem nur in einer kurzen Rückblende erklärt, daß die anfangs auch ganz normale Überlebende mit guten Absichten waren. Da sollte wohl der Gedanke aufkommen, daß die Protagonisten genauso hätten enden können oder kurz davor waren, wenn nur ein paar Weichen anders gestellt gewesen wären.
Auch die Szene als Rick und Begleiter im Auto an einem Hitchhiker vorbeigefahren sind, der um Hilfe rief. Da hätte man ihnen sagen wollen: anhalten und mitnehmen. Haben sie nicht gemacht und später lag er zerfetzt auf der Straße. Das war auch so eine Situation, wo man mit den Protagonisten nicht mitgeht.
Oder auch als sie auf der Farm den Jungen gefangen gehalten haben und hinrichten wollten. Da wurde bewußt damit gespielt, daß er genauso war wie sie, aber trotzdem keine Chance bekam, was man unter normalen Umständen erwartet hätte.
Ich finde schon, daß die Serie einen immer wieder an Punkte führt, wo die Protagonisten eben nicht so sind oder handeln, wie man sie gerne hätte oder wie man es vielleicht vor 20 Jahren inszeniert hätte und dadurch bewußt diese Identifikation unterbrochen wird.