Autor Thema: Kunstzerstörung  (Gelesen 25225 mal)

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Yossarian

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Re: Re: Aggro
« Antwort #75 am: 24. Mai 2015, 19:57:10 »
Nicht notwendigerweise.

marple

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Re: Re: Aggro
« Antwort #76 am: 25. Mai 2015, 09:47:21 »
Wenn ich auf meinem Grund und Boden Altertümer fände, müsste ich es nach geltendem Recht abgeben. Weil es dem Staat gehört.

Viele Einwände hier kommen mir vor, wie ein aus besserer Bildung abgeleitetes Bewahrerrecht. In den damaligen Kolonien war akademische Bildung für "Eingeborene" aber schwerer zu bekommen, als für die Europäer, die die Staatsgewalt inne hatten.

"Das hat die nicht interessiert " sagt sich auch leicht. Erstens betrifft das nicht das gesamte Volk, zweitens kommt in verarmten Gegenden erst das Fressen und dann die Moral. "Unsere" Sichtweise kam da aus einer gefährlichen Weltanschauung - "Wir" waren die Überlegenen.





Und ja - ich finde auch, dass dieses Thema in den öffentlichen Bereich gehört. Was jaben wir denn sonst Neuzugängen zu bieten?

Yossarian

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Re: Re: Aggro
« Antwort #77 am: 25. Mai 2015, 10:08:36 »
Wenn ich auf meinem Grund und Boden Altertümer fände, müsste ich es nach geltendem Recht abgeben. Weil es dem Staat gehört.

Obwohl der Staat mit den Kelten oder sonstigen Völker, deren Hinterlassenschaften das sind, absolut nichts mehr zu tun hat. Es ist eine Anspruch, der sich aus der heutigen Geographie herleitet.

Zitat
Viele Einwände hier kommen mir vor, wie ein aus besserer Bildung abgeleitetes Bewahrerrecht.

Das ist richtig.

Zitat
In den damaligen Kolonien war akademische Bildung für "Eingeborene" aber schwerer zu bekommen, als für die Europäer, die die Staatsgewalt inne hatten.

Und "unser" Bildungskanon ist nicht deren, und schon gar nicht der Weisheit letzter Schluß. Sicher ist das eurozentriert. Aber ergibt sich daraus das Recht von Völkern, Sekten oder sonstwas, auf ihrem Territorium das kulturelle Erbe der Menschheit zu zerstören?

Wenn nicht der IS, sondern dien syrische Regierung Palmyra schleifen würde, machte das einen Unterschied?

Zitat
"Das hat die nicht interessiert " sagt sich auch leicht. Erstens betrifft das nicht das gesamte Volk, zweitens kommt in verarmten Gegenden erst das Fressen und dann die Moral. "Unsere" Sichtweise kam da aus einer gefährlichen Weltanschauung - "Wir" waren die Überlegenen.

Eine durchaus symbiotische Beziehung, z.B. zwischen Generationen ägyptischer Grabräuber und kunstinteressierten Europäern.

Zitat
Und ja - ich finde auch, dass dieses Thema in den öffentlichen Bereich gehört. Was jaben wir denn sonst Neuzugängen zu bieten?

Unbedingt. Moody?

marple

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Re: Re: Aggro
« Antwort #78 am: 25. Mai 2015, 10:29:24 »
Ich habe nicht von der Situation in Palmyra geredet. Ich bezog mich immer noch auf vergangene europäische "Raubzüge".

Kulturzerstörung und/oder -entwendung war und bleibt ein Frevel an der gesamten Menschheit.

Offline Kulle

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Re: Re: Aggro
« Antwort #79 am: 25. Mai 2015, 18:24:00 »
Es gibt ein sehr lebendige Völkerrechtssubjekt namens Ägypten, das hat 88 Mio Einwohner und gesetzliche Vertreter, die sich bereits mehrfach zu dem Nofretete-Fall geäußert haben. Du willst mir doch nicht erzählen, dass die alle ihre Rechte verloren haben, weil die 18. Dynastie nicht mehr regiert?

China, Japan, Thailand, Äthiopien.

ALLE anderen außereuropäischen Länder wurden kürzer oder länger Opfer kolonialer Gewalt. Die haben ALLE keine eigenen Rechte mehr? Da kannst Du das Völkerrecht auch gleich durch ein schnödes vae victis ersetzen.
Jetzt wird es spannend. Nach deiner Argumentationskette ist Israel illegal.

Offline Araxes

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Re: Re: Aggro
« Antwort #80 am: 25. Mai 2015, 20:41:51 »
Die Frage ist doch, ob ein einem bestimmten Landstrich überhaupt noch das selbe Volk wohnt wie vor 1.000 oder 2.000 Jahren. Was ist denn z.B. mit den griechischen Altertümern in der Türkei und Sizilien? Wessen kulturelles Erbe sind die? Das der Griechen oder das der Türken und Italiener?

Nicht mal die Griechen sind ethnisch noch mit den "alten Griechen" gleichzusetzen, sondern aus dem Norden eingewanderte Völker. Immerhin gibt's dazu noch unterschiedliche Meinungen.

Die modernen Türken haben mindestens seit der Vertreibung der Griechen nicht mehr wirklich was mit dem griechischen Erbe zu tun. Wobei es da zumindest eine intellektuelle Schicht gibt, die sich dessen jetzt annimmt, auch wenn Erdogan einen anderen Eindruck vermittelt.

In Ägypten gibt's sicher auch eine Neuentdeckung der eigenen Vergangenheit. Man schickt Schulklassen in Tempel und Museen usw. Daß das heute überhaupt möglich ist, daran haben die europäischen und amerikanischen Ausgrabungen einen erheblichen Anteil. Das würde ich nicht mal eben so pauschal als kolonialen Raub diskreditieren. Ohne "Westler" wäre die Ägyptologie heute wo?

Offline Araxes

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Re: Re: Aggro
« Antwort #81 am: 25. Mai 2015, 21:00:22 »
Wenn ich auf meinem Grund und Boden Altertümer fände, müsste ich es nach geltendem Recht abgeben. Weil es dem Staat gehört.

Wenn das geltende Recht aber nun mal lizenzierte Ausgrabungen und Fundteilungen vorgesehen hatte? Ich rede hier nicht über heimliche Raubgrabungen. Selbst beim Howard Carter war die Antikenverwaltung immer dabei und hatte auch mal zeitweise die Grabungen gestoppt.

Zitat
Viele Einwände hier kommen mir vor, wie ein aus besserer Bildung abgeleitetes Bewahrerrecht. In den damaligen Kolonien war akademische Bildung für "Eingeborene" aber schwerer zu bekommen, als für die Europäer, die die Staatsgewalt inne hatten.

Und das heißt jetzt was? Daß die Mitnahme der Stücke schlimmer war als sie den örtlichen Bauern zu ihrer Verwendung zu überlassen? Die Europäer gehen seit hundert Jahren nicht so rabiat mit den Stätten um wie die Ägypter es selber machen. Mal abgesehen davon, daß die meisten Stätten schon in antiker Zeit geplündert wurden, hat das auch in der Neuzeit Tradition.

Als ich im Tal der Könige war hat unser ägyptischer Führer uns auch zum nahegelegenen al-Qurna gebracht. Das ist ein Dorf, das direkt über einem Gräberfeld gebaut wurde. Die Bewohner haben sich durch ihre Keller zu den Gräbern durchgebuddelt und von dort heimlich geplündert. Unser Guide meinte, immer wenn Geld gebraucht wurde, hat man sich da bedient. Hätten die die Nofretete gefunden, wäre sie jetzt sicher verschollen.

Damit wurde unter Zahi Hawass einigermaßen aufgeräumt, aber jetzt geht es wieder los: Die Stunde der Raubgräber

Zitat
Im März 2012 erlässt die Ägyptische Antikenverwaltung "aus Sicherheitsgründen" einen Grabungstopp für Memphis. Als Eigner im März 2013 nach Memphis zurückkehrt, "gleicht das Gelände einer Landschaft von Bombenkratern" - Löcher, die die Raubgräber hinterließen. Die Polizei warnt die Wissenschaftler vor bewaffneten Banden. "Die Russen sind derzeit die einzigen, die in Memphis arbeiten, alle anderen haben aufgegeben", so Eigner. Inzwischen sei das antike Gelände eine Mülldeponie und besetzt von illegalen Siedlern. Es gebe einen "Klub" mit Gebäuden, Parkplatz, Tennisplatz, auf etwa 100 mal 60 Metern. "Die Betreiber behaupten, sie hätten das Antikengelände legal von der Antikenverwaltung gekauft."

Der Assuan-Staudamm war aus archäologischer Sicht auch nicht eben das beste. Den Tempel von Abu Simbel hat man mit internationaler Hilfe umgesetzt. Der Philare-Tempel ebenso. Aber vieles anderes ist im Wasser verschwunden.

Die Türkei hat die hellenistisch-römische Stadt Allianoi mit einem Stausee überflutet. Es gab Rettungsgrabungen, die aber nicht besonders weit gekommen waren. Die Mosaiken sind damals prominent durch die Presse gegangen: Dem Untergang geweiht - Die antike Kurstadt Allianoi wird geflutet



Noch eine Frage: Trennst du zwischen Staat und Staatsgewalt?
« Letzte Änderung: 25. Mai 2015, 21:14:55 von Araxes »

Offline Araxes

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Re: Re: Aggro
« Antwort #82 am: 25. Mai 2015, 21:05:19 »
Ich habe nicht von der Situation in Palmyra geredet. Ich bezog mich immer noch auf vergangene europäische "Raubzüge".

Kulturzerstörung und/oder -entwendung war und bleibt ein Frevel an der gesamten Menschheit.

Was ist mit dem Recht der gesamten Menschheit, diese Dinge wieder ans Tageslicht zu holen, zu erforschen und auszustellen?

Offline Kulle

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Re: Re: Aggro
« Antwort #83 am: 25. Mai 2015, 21:16:09 »
Was ist mit dem Recht der gesamten Menschheit, diese Dinge wieder ans Tageslict zu holen, zu erforschen und auszustellen?
Hm, was ist mit dem Recht zukünftiger Generationen daran echte moderne Archäologie zu betreiben? Was haben wir und Leute vor bis zu 200 Jahren im Namen der Wissenschaft nicht alles bereits zerstört.

Offline ganter

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Re: Re: Aggro
« Antwort #84 am: 25. Mai 2015, 22:59:17 »
...

Unbedingt. Moody?
nie ist der Penner da, wenn mann ihn mal braucht.
"Männer definieren sich sowieso nicht über die Drogeneinwurfmenge."
"Im Vergleich zur bricom dürfte jede Wand einer öffentlichen Bedürfnissanstalt ein Quell unendlicher Weisheit sein...."
Bodo

Offline moody

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Re: Re: Aggro
« Antwort #85 am: 25. Mai 2015, 23:22:51 »
erledigt

marple

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Re: Re: Aggro
« Antwort #86 am: 25. Mai 2015, 23:37:09 »
Ähm moody, Yossarian wollte die ersten Seiten wohl im persönlichen lassen.

Öffentlich sollte ab Beitrag 72 Seite 5 werden.

Offline moody

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Re: Kunstzerstörung
« Antwort #87 am: 26. Mai 2015, 00:09:07 »
ab und an ist es etwas komplizierter...

Offline Araxes

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Re: Re: Aggro
« Antwort #88 am: 26. Mai 2015, 00:42:23 »
Hm, was ist mit dem Recht zukünftiger Generationen daran echte moderne Archäologie zu betreiben? Was haben wir und Leute vor bis zu 200 Jahren im Namen der Wissenschaft nicht alles bereits zerstört.

Die Archäologie muß sich entwickeln. Dazu muß sie graben. Es gibt aber genug Unangetastetes. Die ganze Nekropole von Sakkara ist größtenteils unberührt. Und wenn man heute der Meinung ist, daß man etwas nicht ausgraben sollte, weil man damit Schaden zufügt, dann tut man es auch nicht mehr. Es ist auch gängige Praxis, die Stätten nach der Ausgrabung und Dokumentation wieder zu verschließen, wenn man anders nicht den Erhalt sichern kann.

Hier herrschen merkwürdige Vorurteile. Zu viel Indiana Jones geguckt?

P.S. die Grabungskampagnen sind nur ein kleiner Teil der Arbeit. Das meiste spielt sich im Büro ab.
« Letzte Änderung: 26. Mai 2015, 01:37:53 von Araxes »

Offline Frühstücksdirektor

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Re: Kunstzerstörung
« Antwort #89 am: 26. Mai 2015, 08:25:42 »
ab und an ist es etwas komplizierter...

Äh, ja. Aber ich weiß auch nicht, wie das geht.
Mit Wissen, Weitsicht und Kompetenz hat der Frühstücksdirektor mal wieder Großes geleistet!