Wie immer bei diesen Themen: irgendwie ist an allem etwas dran.
Zunächst mal: ich mache meiner Frau keinen Vorwurf. Sie ist wie sie ist. I c h muss schauen, wie ich damit klar komme. Von ihr geht zwar nicht viel Sex aus, aber das war mehr oder weniger schon immer so. Von mir geht aber Nosex aus, richtig, irgendwer hat das geschrieben.
Drüber reden wäre sinnvoll. Ich grübele schon die ganze Zeit über schonende Formulierungen. Bin schon ein Typ, der gerne mal offen oder indirekt Vorwürfe macht, würde ich jetzt aber gerne vermeiden. Bin zwar mit vielen Dingen unzufrieden, aber eigentlich sehe ich mehr meinen Teil momentan. Sie wirkt gar nicht so unzufrieden. Hatte es ja mal angedeutet, das Problem, vor einigen Monaten. Nur dummerweise nicht weiter geführt, sondern bin froh gewesen, dass sie kein Problem damit hatte. Warum dann mehr Probleme schaffen als nötig?
Ich habe irgendwie das Gefühl, dass wir zu gutem Sex nicht mehr zurückfinden werden (auch wenn es früher meist von mir ausging, war es ja durchaus oft "ganz schön"). Ein halbes Jahr ohne, vorher auch schon nur alle paar Monate, sicher seit zwei Jahren schon nur noch relativ selten. Okay, da gibt es keinen Norm-Maßstab, und Sex ist nicht alles, aber irgendwie gehört er doch dazu, oder? Zärtlichkeiten, Schmusen oder so, gibt es auch nicht.
Ich will sie nicht verletzen, gehe wohl deshalb auch nicht fremd (das auch aus Angst vor meinen Schuldgefühlen), und sie nicht verunsichern, deshalb spreche ich nichts an. Aber irgendwie kann's so nicht weitergehen - zumindest nicht ewig. Oder ist das nur ich-bezogen? dass ich noch was erleben will, auch ein Prickeln und lebendigeren Sex als Schema F abends im Dunkeln unter der Bettdecke? Warum tue ich nichts dafür in meiner jetzigen Beziehung?, werdet ihr fragen. Ich erinnere mich noch an die ersten Jahre, als ich z. B. auch mal im Freien mit ihr schlafen wollte; wir haben es, glaube ich, einmal gemacht. Es war ihr peinlich und unangenehm. Für mich aber eher eine Abweisung. Habe mich dann in das Übliche gefügt und das Beste versucht daraus zu machen.
Sie tickt eher so: nur nicht aus Versehen unangenehm auffallen, Konflikte provozieren etc.; deshalb kann sie in der Arbeit auch nicht Nein sagen, schleppt viel davon mit nach Hause, läßt sich eher treiben von Anregungen von außen und initiiert selber wenig, kann kaum loslassen und mehr aus sich herausgehen (ist auch kein tristes Blümchen, aber eben eher ruhiger). Das ist alles nicht unbedingt schlecht: sie ist eher sanftmütig, ausgeglichen (was mich manchmal nervt; ich habe manchmal das Gefühl, dass ich die Stimmungsschwankungen austrage, die sie nicht zuläßt, z. B. ich unzufrieden oder aggressiv wg irgendwas - nicht nur Beziehung - bin, sie stattdessen eben abends bald einschläft).
Ich glaube, ich bin eher agil, sehe hier eine Konzertankündigung, die mich reizt, will wandern gehen, surfe da bißchen im Internet rum (und entdecke gute Foren ! ), höre viel Musik noch aus meiner Jugend, suche aber auch nach neuer Musik von heute (höre Feist z. Zt. sehr gerne!), schreibe mal Artikel, habe keine Scheu, irgendjemand Fremden wegen irgendwas anzurufen, was ich gerade brauche; würde sie alles nie machen (auch nicht in ein Forum gehen). Sie macht Sachen schon mit, wenn ich sie vorschlage, aber Begeisterung ist selten beim Vorschlag spürbar; dabei meint sie es dann gar nicht negativ, nur mich frustriert es, und ich behalte dann manches für mich, bevor sie mich endgültig für verrückt erklärt.
So, jetzt schimpfe ich doch wieder nur über sie, dabei wollte ich das Ganze auf meine Kappe nehmen. Schließlich ist sie so, wie sie immer in den 20 Jahren unserer Beziehung war, was rege ich mich auf! Bin ja selbst schuld. Vielleicht wirklich Midlife Crisis. Das soll nun alles gewesen sein? Dann kommt der mit der Sense, Yossarian hat das, glaube ich, ja schon paar mal erwähnt, und das war's dann. Vielleicht bis dahin doch noch bißchen was erleben? Aber nein, das ist doch egoistisch, ihr unfair gegenüber. Stimmt ja auch irgendwie. Wenn ich oben lese, dass vielleicht 20 Jahre Durststrecke warten, bis - vielleicht - die passende Beziehung kommt. Durststrecke, das hatte ich als junger Erwachsener vor unserer Beziehung genug. War ziemlich ätzend. Ist das jetzt noch besser. Obwohl es mich manchmal daran erinnert. Denn damals habe ich mich auch nach Frau und Sex gesehnt (komme wahrscheinlich als rein sexorientiert hier rüber, bin es aber nicht) jahrelang,;nur wenn ich jetzt schon in Partnerschaft bin, und es fühlt sich fast genauso an, weil nämlich nichts läuft und ich ja vor allem keinen Bock auf sie habe? Dann könnte ich doch gleich auf die Partnerschaft verzichten, dieser Gedanke taucht in meinem wirren Kopf dann auf. Aber das will ich ja auch nicht, des Sohnes vor allem wegen, ehrlich gesagt, und dann auch ihretwegen. Hat sie eigentlich nicht verdient.
So, macht mit meinem Gedankenchaos, was ihr wollt. Halte schon bißchen was aus. Weiß schon, dass ich sehr ambivalent und unklar bin. Wäre es nicht so, würde ich hier gar nichts schreiben, dann hätte ich das Problem schon gelöst.