das sind Leute, die vom Jurismus nicht viel verstehen, keinen Grund mehr haben, jemandem zu vertrauen und um's Überleben kämpfen.
Es geht weder darum, daß man von Juristerei was verstehen muß (korrekte Rechtsanwendung ist bei den heutigen Verhältnissen sowieso oftmals kontraproduktiv), noch darum, jemandem bei einer Behörde vertrauen zu sollen / können.
Es geht auch nicht um die verschwiegene Putzstelle, wo man im Monat einen Hunderter Cash auf die Kralle macht, um über die Runden kommen zu können.
Es geht darum, sich mit irgendwelchen Lügengebäuden Leistungen zu erschleichen, auf die objektiv kein Anspruch besteht; platt gesagt um Betrug.
Wenn ich mitten in der mündlichen Verhandlung en passant erfahre, daß der Mandant irgendwo noch ein Reihenhäuschen besitzt, dann ist das die Stelle, wo ich nicht mehr mitlachen kann.
Wenn das Verfahren dann noch so ausgeht, daß der sich keine Strafanzeige wegen Betrug einfängt, sondern sogar noch mit einem Teil der eingeklagten Leistung den Sitzungssaal verläßt, dann habe ich zwar alles "richtig" gemacht und bin ein "guter Anwalt", trotzdem könnte ich Kotzen dabei.
Die Leute, die wirklich dringend Hilfe brauchen, die leiden mittlerweile überwiegend still vor sich hin und kommen kaum noch aus ihren Löchern. Stattdessen schagen immer mehr aggressive Schnorrer, dreiste Betrüger und schlichte Psychopathen auf. Und die sorgen für Stimmung gegenüber den wirklich Hilfebedürftgen.
Dieses sozialromantische "Kampf dem Schweinesystem" und "ran an die Staatsknete, egal wie" ist überholt. Wenn es um die Kohle geht, sind wir nämlich selbst das "Schweinesystem", und die "Staatsknete" ist auch unsere Knete.
Als ich hier vor 30 Jahren im Arbeitslosenzentrum mit der Rechtsberatung anfing, war die Stimmung noch so. Der Staat hatte Kohle ohne Ende, also her damit. Was ein großer, ideologisch verbrämter Spaß war, finanzierte damals schon auch Betrüger und Schnorrer mit. Zumindest im Arbeitslosenzentrum zog man sich über die Jahre ein Klientel heran, dem es nicht darum ging, menschenwürdig zu leben oder gar etwas zu verändern, sondern zu raffen, wo es nur ging. Gier, Gier, Gier, Gier. Da würde selbst ein Börsenspekulant oder Investmentbanker nur mit den Ohren Schlackern. Es hat sich eine Art solventes Lumpenproletariat herausgebildet, oder Lumpenkleinbürgertum oder wie immer man diese Individuen nennen möchte.
Das ist nicht das Pack, für das ich mal angetreten war!
Und ich warne dringend davor, davon auszugehen, daß ein "armer" Mensch automatisch ein "guter" Mensch ist. Es gibt unter den armen Schweinen genug echte Schweine. Wie die dazu geworden sind, ist in dem Zusammenhang erst einmal völlig egal. Das Problem ist, daß man deren Tun auf keinen Fall unterstützen darf, will man nicht die überwiegende Mehrheit der echten Armen in Miskredit bringen.
Ich empfehle Dir, lieber Conte, die Lektüre der "Rede an den kleinen Mann" von Wilhelm Reich.