Dietmar Wischmeyer
Biker
Als das Motorrad noch Krad genannt wurde, verfluchten die durchnäßten Männer in den Sätteln mehrfach am Tage ihre Maschinen, die nicht ansprangen, auf denen man fror wie ein Schneider und wo man sich dauernd ölige Griffel holte. Was sich heute "Biker" nennt, muß nirgendwo mehr hin, sondern rast "nur so" wie eine gesengte Sau durch die Landschaft. Damit die Sinnlosigkeit der Ortsveränderung nicht sofort ins Auge springt, gibt's überall Motorradgottesdienste und Bikertreffen. Da stehen die Heinis'ne Zeitlang rum wie eine Horde ausgebauter Ledersitze und dann orgeln sie wieder heimwärts. Gerne wird sich bei der Gelegenheit auch totgefahren, besonders von Bikern, die mehr PS zwischen den Beinen haben als IQ in der Birne. Gewagte Manöver in der Horde, mit 140 über den Rollsplit und Oma zu Hause darf sich schon mal den Arsch rasieren, damit der Onkel Doktor was zu transplantieren hat. Doch nicht alle Biker rasen sich den Brägen aus dem Helm, daneben gibt's auch noch die Cruiser. Das sind lächerliche Schwachmaten, die wie eine kackende Lesbe auf einerjapanoiden Harley-Replika hocken und von Eisdiele zu Eisdiele bummeln. Man, sehen die scheiße dabei aus! Fast so scheiße wie die haarigen Daddies auf den verchromten Kirmeskisten, die immer eine Pestwolke Countrymusik hinter sich herziehen. Am scheißigsten sind aber die Bekloppten, die sich via Jackenstickbild für was Besonderes halten: "HarleyOwners-Group" oder "Women-on-wheels" heißt beides übersetzt: "Combo eingebildeter Schweine". Denn 'ne doofe Harley kaufen kann sich jeder, der gerne 30 große Zettel verbrennt, und Frau zu sein haben immerhin auch die Hälfte aller Menschen ohne Probleme geschafft. Bei aller Markenrivalität der Motorrad-User untereinander überwiegt doch das einigende Gefühl ein Biker zu sein, quasi ein Outlaw und irgendwo auch ein Cowboy. Man ist schweinemäßig individuell und total nonkonformistisch. Logisch! Dabei rennen die ganzen Affen alle in dieselben Bikershops, und sobald Sonnenschein und Feiertag eine unheilige Allianz bilden, drücken alle wie auf Kommando auf den E-Starter ihrer Eierfeile. Und dann bügeln hundertausend Individualisten über dieselben Straßen zu denselben Naherholungszielen, labern 10 Minuten Bikerscheiße, fummeln vorm Pissen 20 Minuten an ihren Kombis rum und kämmen sich'ne halbe Stunde die platten Haare wieder hoch. Zack, fertig und wieder nach Hause. Nur weiter als 20 Kilometer sollte es nicht sein, damit das Biken nicht in Anstrengung ausartet. Insgesamt ist die ganze Motorradfahrerei so eine Luschennummer geworden, daß man sich wundert, warum es noch nicht massenweise von Mümmelgreisen betrieben wird.