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Loslassen

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amaru:
Hallo Männer!

Ich war zuletzt bei einem neuen Therapeuten und hat er hat irgendwie den Bogen voll raus. Jedenfalls hat er innerhalb von kürzester Zeit rausgefunden, was mein Problem ist. Es handelt sich um eine alte Verliebtheitsgeschichte.

Mein Hintergrund, ich bin jetzt 34 und hänge seit 18 Jahren an diesem Erlebnis fest, wo mich meine damalige Traumfrau abgewiesen hat. Ich weiß, das klingt sicher bescheuert, aber wir haben 6 Jahre lang in der Schule sehr viel Zeit miteinander verbracht (auch nach diesem Ereignis). Nicht nur das, sie hat mich ja nicht einfach abgewiesen, nein wir hatten ein Date, wo sie sich auch noch ein tolles Kleid angezogen hat, was für sie aber eine Enttäuschung war!

Im Gespräch mit dem Therapeuten kann ich jetzt auch verstehen, wieso sie enttäuscht war. Das ist sicher nicht so wichtig wieso, ich war halt damals unerfahren.

Die Situation heute ist, ich bin nicht mehr ganz so ahnungslos, aber irgendwie hänge ich, was das betrifft noch ganz gewaltig. Mir ist das jetzt erst klar geworden, dass ich mich zwar noch verlieben kann, aber entweder stelle ich mir selbst ein Bein, oder, wenn es gut läuft, verliere ich das Interesse, weil in meiner Vorstellung keine Frau jemals mit ihr mithalten kann. Also in den letzten Jahren ist mein Eindruck, dass schon immer mal Interesse bestand. Aber selbst, wenn ich versuche, mit einer Frau eine Beziehung einzugehen, merke ich, dass es einfach nie funktioniert. Mein Therapeut meint, die Frauen merken, dass in meinem Herzen kein Platz ist und sich deswegen irgendwann abwenden und das ist genau das, was passiert!

Mein Ausweg die letzten Jahre war zu sagen, ok, ich lasse das beiseite und räume mein Leben mal ordentlich auf. Ich hab echt Fortschritte gemacht, meinen Scheiß zusammenzukriegen! Gut ist, ich bekomme inzwischen sehr viel Lob von meinem Arbeitgeber und bekomme auch ständig gesagt, wie wichtig ich bin. Beruflich eröffnen sich mir Möglichkeiten. Ich habe gelernt, mich mehr und mehr zu disziplinieren. Ich bin nicht mehr so oft krank, meine Ernährung ist gut und ich mache regelmäßig Sport. Außerdem habe ich das Verhältnis zu meinen Eltern über die Jahre in Ordnung gebracht und darauf bin ich richtig stolz. Mit dem persönlichen Freundeskreis klappt es ganz ok, jedenfalls 1000mal besser als früher. Ich begegne mehr und mehr Leuten, die mir Bewunderung entgegenbringen.

Trotzdem, in mir ist meist nur das Gefühl, dass ich verachtenswert bin und ich verstehe die Leute nicht, die mich bewundern, weil ich es einfach nicht auf die Reihe kriege und die Einsamkeit mich killt! Meine Chefin sagt mir, wie sehr sie mich schätzt und dass ich mir nicht immer so viel Stress machen soll. Nach dem Arbeitstag kreisen meine Gedanken dann und ich denke, dass ich den Tod verdiene - wie so ein krankes Zebra, dass nur der Löwe noch nicht geholt hat.

Immerhin, ich habe es neulich geschafft, mal richtig loszulassen und brutal drauflos zu heulen. Die nächste Therapiesitzung hat allerdings gezeigt, dass ich überhaupt noch nicht losgelassen habe. Auch wenn ich es nicht zugeben will, das Gespräch hat dann in mir richtig Widerstand hervorgerufen. Mir ist klar, ich muss es irgendwie schaffen, loszulassen. So richtig weiß ich aber auch nicht, wie. Ich habe die Übung gemacht, die mein Therapeut mir vorgeschlagen hat. Irgendwie verstehe ich das aber nicht richtig. Wie kann ich sie denn in Liebe gehen lassen? Ich verstehe nicht, wie das funktionieren soll. Sie ist sicher nicht perfekt, sie hatte nur leider nicht den Anstand, mich damals richtig zu beschimpfen, was für ein verdammter Loser ich bin. Irgendwie denke ich, das würde es einfacher machen. Aber ich soll sie ja auch nicht hassen, sondern in Liebe gehen lassen. Das macht irgendwie keinen Sinn, oder? Also ich muss sie von dem Podest runternehmen, ja? Leichter gesagt als getan. Und die Verheißung ist, dass ich danach immer noch eine totale Katastrophe bin, ja? Vielleicht nur ein wenig weniger lächerlich.

Bitte, jemand, gib mir Schläge!!

Yossarian:
Loslassen kannst Du letztendlich erst, wenn Du mit Dir selbst im Reinen bist; bis dahin brauchst Du Dein Verhältnis zu dieser Frau als Krücke.

Es spricht im übrigen nichts dagegen, eine totale Katastrophe und / oder lächerlich zu *sein*, solange Du Dich gut dabei fühlst. Dein Problem scheint mir eher zu sein, daß Du Dich für eine totale Katastrophe / lächerlich *hältst*.

amaru:

--- Zitat von: Yossarian am 01. April 2020, 08:39:47 ---Loslassen kannst Du letztendlich erst, wenn Du mit Dir selbst im Reinen bist; bis dahin brauchst Du Dein Verhältnis zu dieser Frau als Krücke.

Es spricht im übrigen nichts dagegen, eine totale Katastrophe und / oder lächerlich zu *sein*, solange Du Dich gut dabei fühlst. Dein Problem scheint mir eher zu sein, daß Du Dich für eine totale Katastrophe / lächerlich *hältst*.

--- Ende Zitat ---

Das wirft allerdings wieder Fragen auf, Herr Yossarian. Wie kommt man mit sich ins Reine? Gibt es dazu einen ausführbaren Ablaufplan?

amaru:

--- Zitat von: Yossarian am 01. April 2020, 08:39:47 ---Es spricht im übrigen nichts dagegen, eine totale Katastrophe und / oder lächerlich zu *sein*, solange Du Dich gut dabei fühlst. Dein Problem scheint mir eher zu sein, daß Du Dich für eine totale Katastrophe / lächerlich *hältst*.

--- Ende Zitat ---

Das mag jetzt irgendwie paradox klingen, aber im großen und ganzen finde ich mich recht ok. Also ich weiß, dass ich meine Fehler habe und manchmal dumme Dinge tue, aber zumindest habe ich in den letzten, sagen wir 2 Jahren einen ganz guten Job gemacht, nicht allzu nutzlos zu sein  8) Naja, ich habe aber auch viel Arbeit vor mir, also es ist keine Idee, arrogant zu werden!

amaru:
Ok, ich merke, dass das nicht viel Sinn macht. Ich vermute, dass das ganze komplex ist.

Ich versuche seit ewigen Zeiten, mich in Gemeinschaften zu integrieren und es klappt nie so richtig. Zuletzt war ich öfter in einer Kirchgemeinde und das lief erst recht gut, bis irgendwann die zwei Mädels, mit denen ich mich gut verstanden habe, wo anders hingezogen sind. In der Zwischenzeit hatte ich solche dunklen Gedanken nicht. Danach hatte ich in der Gemeinde niemanden mehr, mit dem ich mich so gut verstand. Alles, was in mir blieb, ist das Gefühl, dass alle anderen irgendwie Verachtung für mich haben. Ich weiß, dass das nicht rational ist. Aber irgendwie ist das auch verdammt schwierig, nicht solche Gedanken zu bekommen, wenn man ständig einsam / oder von Leuten umgeben ist, mit denen man sich nicht versteht.

Ich denke, es gibt ein Problem im inneren und es gibt eines im äußeren. Dass es dafür eine einfache Lösung gäbe, würde glaube ich der Komplexität nicht gerecht werden.

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