Anthropologie des Rechts, von Leopold Pospisil
Kein Wunder, daß Du depressiv bist und an der Welt verzweifelst.
Das kann man aber auch ohne rechtstheoretische Machwerke werden und zwar direkt in der Praxis.
Ein Mandant, dem ich ca. ein Jahr lang erfolglos hinterhergerannt bin, damit er endlich seinen Verfahrenskostenhilfeantrag ausfüllt, wundert sich jetzt nach Abschluß des Verfahrens, daß meine Rechnung "so hoch" sei. Ich hätte doch nicht viel Arbeit mit seinem Fall gehabt. Klar, zieht man 3/4 des Akteninhalts ab, der nur die vergebliche Rennerei für den VKH-Antrag dokumentiert, hätte das unterm Strich nice and easy sein können.
Eben ruft eine Mandantin an, die um die Anerkennung einer alternativen Heilmethode mit ihrer Krankenkasse streitet. Nicht außergewöhnlich, die Kassen stempeln gerne mal eine Heilmethode als nicht anerkannt ab; das heißt erst mal nix. Jetzt versucht sie, mich am Telefon in eine verfassungsrechtliche Diskussion zu verwickeln. Nach zwei Sätzen ist klar, sie driftet in Richtung Reichsbürgertum. Außerdem hat der Schweizer Geheimdienst ihre Mailadresse gespeichert, sagt sie. Das kann ja noch heiter werden mit dem Mandat.
Wenn ich wollte, könnte ich ganz prima depressiv sein und an der Welt verzweifeln. Anlaß gäbe es genug dafür. Auch Leute, die mich ablehnen, gibt es zuhauf. Ich finde sie unter meinen Gegnern genauso wie unter unzufriedenen, weil in ihrer Eitelkeit gekränkten Exmandanten.
Aber es ist mir scheißegal geworden. Anders hält man es nicht aus.