Wie seid ihr an den gekommen?
Er ist der älteste Sohn eines ehemaligen außerehelichen Techtelmechtels meines Kollegen, für den der sich - aus welchen Gründen auch immer - verantwortlich fühlt. Die Eltern sind seit Jahren getrennt oder geschieden, und er lebt immer noch bzw. wieder bei seiner Mutter. Die Familie sind Vietnamesen, und über die schrägen Erziehungsmethoden der Asiaten könnte ich Bände erzählen, jedenfalls vom Hörensagen. Entsprechend viele psychische Wracks gibt es da wohl. Der Knabe hat vorher schon drei Ausbildungen und ein Studium geschmissen.
Meine Idee war es nicht, den als Azubi aufzunehmen.
Für ihn sprach, daß er schon älter ist. Unser Laden ist nicht groß genug, ein junges, schüchternes Häschen mitlaufen zu lasen. Obwohl wir jetzt eine Praktikantin haben, die unseren Stift im Umgang mit Kundschaft locker in die Tasche steckt, auch was ein etwas bestimmteres Auftreten mit querulierend-nervigen Anrufern angeht.
Fachlich war er bis jetzt sehr gut, meint aber wohl so langsam, er hätte die Weisheit mit Löffeln gefressen. Ich ziehe deshalb die Daumenschrauben ein bißchen an. Seit ein paar Tagen lasse ich ihn an einem Zwangsvollstreckungsauftrag eines Zwangsgeldes knabbern.
Ansonsten hat er keine Freunde, insbesondere auch keine Freundin und verkriecht sich sofort in seinem Zimmer, wenn er nach Hause kommt. Womit er sich da nächtelang beschäftigt, weiß keiner. Aber er verpennt jeden Tag und kommt nie vor halb 10 ins Büro; zwischen 9.40 und 10 Uhr ist die Regel. Zugegebenermaßen bleibt er dafür Nachmittags ziemlich lange.
Ist das so ein Kandidat, für den es Fördergelder gab?
Leider nicht.
Solche AN, die durch Fördergelder sich selbst finanzieren und, außer Nerven anderer Mitarbeiter, die Firma vermeintlich nichts kosten, auf die war mein Ex-Chef auch immer scharf. Es hat sich nie gelohnt, bei nicht einem einzigen Fall. Immer nur Ärger und Theater. Es wird schon einen Grund haben, warum manche Menschen nicht ohne begleitende Betreuung/Einrichtung arbeiten können.
Das kann man nicht pauschal sagen. Bei älteren Arbeitnehmern ist das oft die einzige Möglichkeit, einen potentiellen Arbeitgebern zu interessieren. Meine Freundin hat das schon gemacht; die hat sich dann allerdings um diese Zuschüsse selbst gekümmert und dem Arbeitgeber quasi auf dem Silbertablett präsentiert.
Andersherum gibt es da auch das Problem, daß Arbeitgeber, die das nötig haben, selbst nicht stabil sind. Meine Freundin hat zwei solcher Jobs geangelt mit der Folge, daß die Arbeitgeber irgendwann Pleite gingen. Die schlägt drei Kreuze, daß sie es auf ihr alten Tage noch mal in den öffentlichen Dienst geschafft hat.