Autor Thema: Weird Scenes Inside a Law Firm  (Gelesen 479934 mal)

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Offline DieFrau

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Re: Weird Scenes Inside a Law Firm
« Antwort #2265 am: 14. November 2019, 15:59:04 »
Es ist Weihnachten  ;D
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Offline simplemachine

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Re: Weird Scenes Inside a Law Firm
« Antwort #2266 am: 15. November 2019, 00:17:20 »
System Yossie:

Oha, da hat aber einer im Gegensatz zu anfangs "gar nicht begründen oder max. 3 dürre Sätze" plötzlich doch massiv nachgebessert. Die jetzige Strategie lässt sich ja durchaus hören.


Suchen nach Formfehlern (z.B. Fehler bei Ermessensausübungen).

Hinweise auf Blatt soundsoviel der Akten, wo Formalkram zu bekritteln ist, dabei die üblichen Zauberworte fallen lassen (nein, nicht "Bitte" und "Danke"; eher so was wie "fehlende Ermessensausübung" und ähnliches dummes, juristisches Zeug, das man vor 40 Jahren auf der Uni mitbekommen hat).

Naja, "wichtiger Grund" ist zwar überhaupt keine Ermessenssache, sondern ein unbestimmter Rechtsbegriff. Ermessen mit gebundener Entscheidung auf Basis von unbestimmten Rechtsbegriff zu verwechseln ist zwar jetzt nicht so das Qualitätsfeature, aber nach 40 Jahren ist eine grobe Einordnung in das System ja auch schon anerkennenswert. Vor allem, wenn man bedenkt, welcher psychedelische Dunst noch über dieser Zeit lag.   

Offline Yossarian

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Re: Weird Scenes Inside a Law Firm
« Antwort #2267 am: 15. November 2019, 07:30:04 »
Oha, da hat aber einer im Gegensatz zu anfangs "gar nicht begründen oder max. 3 dürre Sätze" plötzlich doch massiv nachgebessert.

Kein bißchen. Ich habe lediglich die Zwischenschritte zwischen Widerspruch einlegen und nichts begründen erläutert. Zum  3.743. mal: Arbeiten bedeutet nicht, viel Papier produzieren und viel Papier produzieren bedeutet nicht, vernünftig gearbeitet zu haben.

Zitat
Naja, "wichtiger Grund" ist zwar überhaupt keine Ermessenssache, sondern ein unbestimmter Rechtsbegriff.

Erstens habe ich z.B. Ermessensausübung geschrieben; es gibt Dutzende von Formfehlern, die Behörden machen. Zweitens ist bei der Zuordnung subjektiver Gründe zu einem von der Rechtsprechung vorgegebenen Kanon durchaus auch Ermessen auszuüben. Der "unbestimmte Rechtsbegriff" ist durch jahrelange gefestigte Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte so unbestimmt schon lange nicht mehr, im Gegenteil.

Zitat
Vor allem, wenn man bedenkt, welcher psychedelische Dunst noch über dieser Zeit lag.

Wo Du doch selbst ständig den Eindruck machst, als seist Du auf LSD...  :.)
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Offline Yossarian

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Re: Weird Scenes Inside a Law Firm
« Antwort #2268 am: 15. November 2019, 14:45:00 »
Der junge Kollege war mit seinem Mandanten extra für das Desaster aus Leipzig zum Amtsgericht Bingen angereist.

Vielleicht 35, keinesfalls älter; der dunkle Konfirmationsanzug aus Poyester paßte ihm jedenfalls noch. Mit dem ultradünnen schwarzen Schlips, - früher gab es diese Dinger sogar aus Leder - und dem weißen Hemd sah er ein bißchen aus wie von einem Blues-Brothers-Ähnlichkeitswettbewerb auf einer Dorfkirmes übriggeblieben. Er muß dort wegen seiner Socken den letzten Platz belegt haben, anders kann es nicht gewesen sein. Die Socken und vielleicht das halbe Kilo Pomade im Haar, auf jeden Fall aber die Socken. Die ganze Zeit, die er mir gegenübersaß, mußte ich auf seine Socken starren: Leuchtendes knallblau mit irgendwelchen knallgelben Comicmotiven, die auf die Entfernung nicht zu erkennen waren. Jedenfalls blitzten sie ständig zwischen Hosenrand und Schuhen heraus, wie die eingeschaltete Reklame eines Streifenwagens nachts im Frankfurter Bahnhofsviertel.

Die Richterin war sehr geduldig mit ihm. Wenn er im Schuldrecht nur ein ganz kleines bißchen besser aufgepaßt hatte, hätte er seinem Mandanten das alles ersparen können. Zum Glück hatte er bereits im Vorfeld die angebliche Forderung seines Mandanten von bizarren fast 90.000 € auf 2.000 € heruntergeschraubt. Wir hatten ihm wirklich geduldig erklärt, daß seinem Mandanten auch die zwei Großen nicht zustehen, daß ihm eigentlich nicht ein Cent zusteht. Bei der Einführung in den Sach- und Rechtsstand durch die Richterin blitzt hie und da ein schüchterner Hoffnungsschimmer in seinem Gesicht auf, wenn die Richterin auf eines seiner Argumente eingeht - nur um ihm behutsam zu erklären, daß nicht jede Idee auch eine gute Idee ist.

Immerhin ergab sich aus der Sitzordnung, daß er und sein Mandant einen tollen Blick auf das Niederwalddenkmal hatten, das ich im Rücken hatte.

Das Amtsgericht Bingen ist ein sehr deutsches Gericht. Dafür, daß das Hakenkreuz unter dem riesigen Reichsadler über dem Eingang entfernt wurde - möglicherweise liegt es in der Hoffnung auf eine mögliche spätere Wiederverwendung irgendwo im Keller- wird man mit einem herrlichen Blick auf den Rhein und eine der deutschesten Scheußlichkeiten überhaupt, das Niederwalddenkmal, entschädigt.

Die Sitzung wird schließlich auf Bitten des jungen Kollegen kurz unterbrochen. Die blauen Socken gehen mit ihrem Mandanten auf den Flur. Die Richterin und ich plaudern ein wenig über den schönen Ausblick auf den Rhein. Die Socken kommen wieder herein und erklären die Klagerücknahme, aber nur, wenn der Gegenstandswert nicht mit fast 90.000 € festgesetzt wird, sondern mit 2.000 €. Ganz kurz entgleitet mir die Contenance, und ich lasse die Bemerkung fallen, daß dem Kollegen wohl schon aufgefallen sei, daß wie hier beim Amts- und nicht beim Landgericht sitzen, und daß er sich die Frage nach dem Gegenstandswert dann ja wohl selbst beantworten könne. Kurzes Augenrollen der Richterin, dann fängt sie sich wieder und erklärt mit einer Engelsgeduld, daß der Gegenstandswert natürlich nur 2.000 € sei. Ende der Vorstellung. Traurig verlassender Kollege und sein Mandant den Saal und das Gericht. Ich schaueihnen  hinterher, so lange ich die blauen Socken leuchten sehen kann, dann gehe ich zum Auto.

Ich habe einen schönen Beruf.  8)
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Re: Weird Scenes Inside a Law Firm
« Antwort #2269 am: 15. November 2019, 15:06:01 »

 ;D   Wunderbar ge-/beschrieben - "köstlich zu lesen" ! - weiter so !  ;)

LG v. Druiden

Offline phoenix

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Re: Weird Scenes Inside a Law Firm
« Antwort #2270 am: 15. November 2019, 23:40:49 »
Hast Du schon mal überlegt, mit Ibo einen auf nebenberuflichen  Schriftsteller zu machen?  8)

Ich möchte mehr davon lesen, super erzählt.
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Offline Yossarian

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Re: Weird Scenes Inside a Law Firm
« Antwort #2271 am: 19. November 2019, 11:18:35 »
Wir hatten hier einen jungen Studenten

Wer ist "wir" gleich noch mal?
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Offline Nikibo

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Re: Weird Scenes Inside a Law Firm
« Antwort #2272 am: 19. November 2019, 12:19:21 »
Wer ist "wir" gleich noch mal?
Bei dem, was er von sich gibt, tippe ich auf die männliche Tippse im Unisekretariat.
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Offline Yossarian

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Re: Weird Scenes Inside a Law Firm
« Antwort #2273 am: 19. November 2019, 13:01:44 »
Bei dem, was er von sich gibt, tippe ich auf die männliche Tippse im Unisekretariat.

Ja, irgend so was. Wenn er Frisör wäre, wären seine Ratschläge empathischer und weniger besserwisserisch.
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Offline Korinthenkackerin

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Re: Weird Scenes Inside a Law Firm
« Antwort #2274 am: 19. November 2019, 13:54:36 »
Ja, irgend so was. Wenn er Frisör wäre, wären seine Ratschläge empathischer und weniger besserwisserisch.

Wäre er Friseur, hätte er schon öfter mit erwachsenen bzw. lebenserfahrenen älteren Frauen gesprochen und sein Frauenbild wäre nicht so schräg.
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Offline Yossarian

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Re: Weird Scenes Inside a Law Firm
« Antwort #2275 am: 19. November 2019, 14:00:58 »
Nebenan ist eine psychologische Praxis. Manchmal läuft man deren Kundschaft über den Weg, wenn man im Treppenhaus ist. Meistens schaut deren Kundschaft dann verschämt weg, oder kuckt einen mit so einem ertappten Blick an, als wären sie einem gerade beim Verlassen eines Bordells auf der Straße über den Weg gelaufen.

Hätte nicht gedacht, daß der Besuch beim Psychologen immer noch für so viele Menschen ein Problem zu sein scheint.
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Re: Weird Scenes Inside a Law Firm
« Antwort #2276 am: 19. November 2019, 15:47:41 »
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Offline Korinthenkackerin

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Re: Weird Scenes Inside a Law Firm
« Antwort #2277 am: 19. November 2019, 21:09:10 »
Nebenan ist eine psychologische Praxis. Manchmal läuft man deren Kundschaft über den Weg, wenn man im Treppenhaus ist. Meistens schaut deren Kundschaft dann verschämt weg, oder kuckt einen mit so einem ertappten Blick an, als wären sie einem gerade beim Verlassen eines Bordells auf der Straße über den Weg gelaufen.

Hätte nicht gedacht, daß der Besuch beim Psychologen immer noch für so viele Menschen ein Problem zu sein scheint.

Ich kam kürzlich gut gelaunt aus meiner Therapiestunde (ein Dorf neben meinem Heimatdorf) und bin dann auf der Straße einem früheren Vereinskollegen begegnet, der offenbar als Heizungsbauer auf der Baustelle gegenüber der Praxis gearbeitet hatte. Er: "Ja, wo kommst du denn her?" Ich: "Ich hatte gerade Therapie".  Verlegenes Schweigen seinerseits  :D :D :D, er wußte überhaupt nicht, was er darauf nun hätte sagen können. Ich fand es irgendwie lustig. Wenn er was dazu gesagt hätte, hätte ich ihm ja was dazu erzählen können, aber es war ihm offenbar so gar nicht recht - also stieg ich in mein Auto und fuhr nach Hause.  Am Nachmittag habe ich dann gesehen, dass seine Schwester meinen Whatsapp-Status angeschaut hat, was zuvor noch nie vorkam  :evil  ;D. Sehr merkwürdig.
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Offline Yossarian

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Re: Weird Scenes Inside a Law Firm
« Antwort #2278 am: 22. November 2019, 10:31:58 »
Und wieder kostbare Lebenszeit mit dem  Starren an die Decke des Sitzungssaales Warten auf einen Zeugen vergeudet....  :.)

Der hat sich heute das dritte Zwangsgeld wegen Nichterscheinens eingefangen. Das nächste mal wird er dann im April nicht erscheinen...  8)

Zum Glück ist es ein Zeuge der Gegenseite.  :evil
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Re: Weird Scenes Inside a Law Firm
« Antwort #2279 am: 22. November 2019, 13:15:38 »
Der Main-Taunus-Kreis "sieht davon ab", mir seine Allgemeinen Geschäftsanweisungen bekanntzugeben.

Ich habe jetzt mal höflich die Rechtsgrundlage dieser Weigerung angefragt und bin gespant auf die Antwort. Das Hessische Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzt wird es wohl eher nicht sein.

Himmelherrgott, der Geschäftsverteilungsplan jedes Gerichtes ist öffentlich zugänglich!
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