Eine eritreische Mandantin ist Anfang der 90er als Teenager vor dem Krieg geflohen und lebt jetzt seit einem Vierteljahrhundert hier als anerkannte Asylantin mit einem Fremdenpaß. Sie hat keine Verwandten mehr. In Eritrea gab es damals keine Personenstandsregister. Natürlich kam sie damals ohne Papiere, wie so viele andere auch.
Sie will eingebürgert werden. Das klappt nicht, weil sie keinen Identitätsnachweis (Geburtsurkunde) beibringen kann. Einen eritreischen Paß bekommt sie schon gleich gar nicht. Also fange ich an, irgendwelchen eritreischen Kirchen hinterherzurennen, denn getauft ist sie, und sie weiß sogar noch, in welcher Stadt.
Jetzt dämpft mir das Regierungspräsidium meinen Optimismus:
Zurzeit wird hier im Dezernat und mit dem Innenministerium darüber diskutiert, ob die Identität über eine Taufurkunde nachgewiesen kann, da diese nach neuen Erkenntnissen "auf Zuruf" ausgestellt werden und somit zwar von der richtigen Stelle ausgestellt wurden, aber nicht nachprüfbar ist, ob sie inhaltlich richtig sind. Ich würde Ihnen daher raten vorerst nicht zu viel in die Taufurkunde zu investieren, da nicht sicher ist, ob sie zukünftig überhaupt noch als Identitätsnachweis anerkannt werden kann. Ja toll. Und in den Ländern in der Ecke bekommt man eine Geburtsurkunde von einer zivilen Behörde nicht "auf Zuruf" (oder gegen Bakshish)? Und selbst wenn so eine Geburtsurkunde "echt" ist, trägt sie doch immer noch kein Lichtbild. Sie könnte ja zu *irgendeiner* Person gehören, die immer noch dort lebt?
Ich glaube, ich werde ihr raten müssen, ihren Fremdenpaß wegzuwerfen, in salzwassergetränker Kleidung in der Erstaufnahme in Gießen vorzusprechen und zu behaupten, sie sei Syrerin und gerade eben übers Mittelmeer geschwommen...