Bin auf der samstäglichen Fahrt zum Landhandel vom mindestens drei Autos angehupt worden, im Ampelstau auf der B1 dann aus dem Fenster raus angesprochen worden, mein Hinterrad würd eiern.
Nun ja. Eine gelinde Unwucht, die sich im Fahrbetrieb durchaus auch optisch äußern kann, ist für ein Originalrad an einem russisches Inlandsgespann nichts Ungewöhnliches. So mir in meinem Falle auch bekannt, da sie nicht nur die Fuhre zum leichten Vibrieren bei Vollgas animiert, sondern bei jedem Bremsvorgang dank der Trommelbremsen ein deutlich wahrzunehmendes Pumpen produziert. Also Nabe und Felge gleichermaßen verzogen. Aber was erwartet man aus einem Werk, dass alle Bauteile früher selbst hergestellt hat und dabei schwankende Tagesqualitäten umgekehrt proportional zum Vodkakonsum der Mitarbeiter zu verkraften hatte. Mit heutigen Maßstäben halt nicht zu vergleichen.
Daher maß ich der Bemerkung zunächst keine große Bedeutung bei. Nachdem mir aber wieder einfiel, dass bei der letzten Linkskurve seltsam schleifende Geräusche an mein Ohr drangen, deren Ursprung ich nie und nimmer an meinem Gefährt verortet hätte, und mir nun auch der zunehmend rumpelnde Ablauf des Fahrgeschehens ins Bewusstsein drang, drehte ich mich um und warf doch mal einen Blick aufs Hinterrad.
Das war kein schöner Anblick. Zu dem üblichen leichten Höhenschlag hatte das Rad einen gewaltigen Seitenschlag von bestimmt 5-7 cm. Das muss sehr abschreckend gewirkt haben. Hinterherfahrende Fahrzeuge hielten ordentlich Sicherheitsabstand, und die Einkaufmuttchens auf dem Beifahrersitz der auf der linken Spur Vorbeiziehenden guckten ehrfürchtig bis ängstlich zu mir rüber. Ich bin dann gleich runter von der Bahn und auf Nebenstraßen nach Hause geschlichen, waren Gsd nur noch 6 km. Dabei wieder zigfach angehupt und an Ampeln angesprochen worden.
Während der Fahrt schnell die Explosionszeichnung der Hinterradbefestigung und des -antriebs vors geistige Auge geholt und rumgehirnt, was das nun wieder sein könnte. Von Achsbruch über Verkeilung der Bremsbacken in der Trommel bis Zahnfraß am Antriebs-Tellerrad hatte ich alles auf dem Schirm.
Zu Hause angekommen, abgestiegen, am Rad gewackelt, nee die Achse ist es nicht, Radlager auch nicht, aber was klingelt da so metallisch beim Schieben? Scheiße, 8 Speichen gerissen! Alle nebeneinander liegend. Dadurch ist das ganze Rad instabil, da die gegenüberliegenden Speichen natürlich auch nicht mehr fest sitzen.
Ich kontrolliere die Speichen routinemäßig auf gleichmäßige Spannung, daher kann das noch nicht lange so gewesen sein. Wahrscheinlich ist, dass auf einer Holperstrecke, an die ich mich noch gut erinnere, ein oder zwei Speichen geknackt sind, der Rest dann entweder gleich hinterher auf derselben Fahrt oder durch die Instabilität des Rads unbemerkt auf späteren Touren. Ich hab die Strecke im Sinn, auf der das passiert sein könnte. Wunderschön einsam durch einen Wald an einem Bach entlang. Die ist nur ein einziger Flickenteppich, und ich bin sie vor kurzem mit einem ziemlichen Affenzahn durchgeheizt. Hatte dabei allerdings eher an gestorbene Leuchtmittel oder abvibrierte Schrauben als Folge gedacht.
Gebrochene Speichen hatte ich schon vereinzelt aber nie 8 auf einmal an einem Rad.
Ein Hoch auf die Qualität der Strassen in NRW.