Das Männerforum

Beziehungen - ernstgenommen => gesellschaftliche Aspekte => Thema gestartet von: Conte Palmieri am 18. Dezember 2014, 13:31:55

Titel: Sprachverirrungen
Beitrag von: Conte Palmieri am 18. Dezember 2014, 13:31:55
Das Wort "Gutmensch" zu verwenden ist, kein KEIN KAVALIERSDELIKT! (http://Das Wort "Gutmensch" zu verwenden ist KEIN KAVALIERSDELIKT! - See more at: http://www.dasbiber.at/content/das-wort-%2526quot%3Bgutmensch%2526quot%3B-zu-verwenden-ist-kein-verdammter-kavaliersdelikt!#sthash.OYlx8ECh.dpuf)

Für alle, die es nicht kapieren wollen.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Nikibo am 18. Dezember 2014, 13:35:26
Der Link funktioniert nicht.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 18. Dezember 2014, 13:39:56
Das Wort "Gutmensch" zu verwenden ist, kein KEIN KAVALIERSDELIKT! (http://Das Wort "Gutmensch" zu verwenden ist KEIN KAVALIERSDELIKT! - See more at: http://www.dasbiber.at/content/das-wort-%2526quot%3Bgutmensch%2526quot%3B-zu-verwenden-ist-kein-verdammter-kavaliersdelikt!#sthash.OYlx8ECh.dpuf)

Für alle, die es nicht kapieren wollen.

Wäre Schlechtmensch besser?
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Conte Palmieri am 18. Dezember 2014, 13:44:17
http://www.dasbiber.at/content/das-wort-%2526quot%3Bgutmensch%2526quot%3B-zu-verwenden-ist-kein-verdammter-kavaliersdelikt! (http://www.dasbiber.at/content/das-wort-%2526quot%3Bgutmensch%2526quot%3B-zu-verwenden-ist-kein-verdammter-kavaliersdelikt!)

Verbesserter Link.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Kulle am 18. Dezember 2014, 14:02:55
Nur weil da ein Österreicher Schmierfink dort die wahrscheinliche Historie des Wortes dahin pinselt, ist die Bedeutung des Wortes noch lange nicht für alle Tage in Stein gemeißelt.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 18. Dezember 2014, 14:05:03
Warum soll es dem Gutmensch eigentlich besser gehen als dem Neoliberalen? Da kümmert sich ja auch keiner umd ie Wortherkunft.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Yossarian am 18. Dezember 2014, 14:06:23
Verbesserter Link.

Macht den Inhalt des Links nicht besser.

Was der deutsche Journalistenverband 2006 dazu gesagt hat, war mir neu, kann aber dahingestellt bleiben, ob das zutreffend ist.

Fakt ist, daß das Wort heute laut Duden (http://www.duden.de/rechtschreibung/Gutmensch) in diesem Sinn verwandt wird:

[naiver] Mensch, der sich in einer als unkritisch, übertrieben, nervtötend o.ä. empfundenen Weise im Sinne der Political Correctness verhält, sich für die Political Correctness einsetzt

So isses. Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

Die Sprache unterliegt Wandlungen. Nur weil Goebbels und Konsorten einem Wort, das sie wahrscheinlich selbst nur irgendwo aufgeschnappt und nicht etwa "ersonnen" haben, wie der Journalistenverband schreibt, eigene Bedeutung gegeben haben, soll man es nicht mehr benutzen dürfen, ohne in die rechte Ecke gestellt zu werden? Darf ich dann auch nicht mehr auf der Autobahn fahren, ohne für einen Nazi gehalten zu werden? War Platon (suum cuique) ein Faschist, weil die ihm (verkürzt) zugeschriebene Formulierung am Eingang des KZ Buchenwald stand?

Das ist mir zu einfach und zu platt. Ich halte es da lieber mit der WELT (http://www.welt.de/debatte/weblogs/Alan_Poseners_Blattkritik/article6064695/Gutmensch-Ein-Nazi-Begriff.html):

Nun ist Wikipedia nicht immer die zuverlässigste Quelle, und für die Behauptung, der Begriff "Gutmensch" sei von Gobbels zur Diffamierung der moralisch motivierten Gegner der NS-Rassenpolitik verwendet worden, wird von Wikipedia keine Primärquelle genannt, sondern lediglich der Text eines - linkslastigen - Journalistenverbands angeführt, der die Behauptung ohne Angabe einer Fundstelle aufstellt. Kennt jemand unter den Lesern und Leserinnen eine zuverlässigere Quelle? Oder handelt es sich hier schlicht und einfach um eine Ente?
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Conte Palmieri am 18. Dezember 2014, 14:28:54
Wieso ist "linkslastig" immer ein Grund, jemandem nicht zu glauben, während ich Leuten, die hartnäckig am Nazivokabular festhalten, vertrauen soll?
NEIN, ich vertraue nicht.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 18. Dezember 2014, 14:39:59
Mal eine andere Frage: was wäre denn für die dauerempörte Claudia Roth oder Renate Künast eine passende Bezeichnung? Einfach nur "Nervensäge" ist mir nicht treffend genug.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Conte Palmieri am 18. Dezember 2014, 14:49:59
Hildegard Hamm-Brücher ist ihrerzeit von einem CSU-Heino als "Krampfhenne" tituliert worden. Hilft Dir das?
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 18. Dezember 2014, 15:00:19
"Krampfhenne" ist nicht schlecht, sagt aber noch nicht, worin oder wobei die verkrampft sind. Deshalb suche ich nach einem Wort, das auch die Moralapostelei beinhaltet.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Conte Palmieri am 18. Dezember 2014, 15:13:33
Genau da kommt mein Mistrauen her.
Wer den Verweis auf verantwortungsvolles Verhalten mit einem Schimpfwort belegen möchte, dem vertraue ich nicht.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 18. Dezember 2014, 15:13:55
Was sagen die Angelsachsen?

do-gooder
goody two-shoes (http://en.wikipedia.org/wiki/The_History_of_Little_Goody_Two-Shoes)
starry-eyed idealist

Die Franzosen: "esprit simple". Ist ja auch nicht schlecht, aber eben noch etwas allgemeiner.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 18. Dezember 2014, 15:14:51
Genau da kommt mein Mistrauen her.
Wer den Verweis auf verantwortungsvolles Verhalten mit einem Schimpfwort belegen möchte, dem vertraue ich nicht.

Den Verweis darf man gerne machen, aber wenn jemand seine ganze Existenz dafür hernimmt, ständig und überall nur unverwantwortungsvolles Handeln zu erkennen, ist das eben so übersteigert, daß man davon nicht mehr viel ernstnehmen kann.

Renate Künast z.B. ist die Politikerin im Bundestag, die am häufigsten den Rücktritt von irgendwem gefordet hat. Die Leute müssen mit ihrem hohen Anspruch ja ähnliche Probleme haben wie die Jain in Indien, für die es schon eine Sünde ist, eine Fliege einzuatmen oder eine Ameise zu zertreten, weil alles beseelt ist und die deshalb permanent mit dem Mundschutz rumrennen und vor jedem Schritt den Boden fegen.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Conte Palmieri am 18. Dezember 2014, 15:17:16
Das Naziwort "Gutmensch" trifft mich aber oft genug als Retourkutsche zu einzelnen Äußerungen. Auch von Leuten, die durchaus wissen, dass ich auch unmoralische Sachen mache.
Und wie genau kennst Du "das ganze Leben" von Claudia Roth?
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 18. Dezember 2014, 15:18:50
Das Naziwort "Gutmensch" trifft mich aber oft genug als Retourkutsche zu einzelnen Äußerungen. Auch von Leuten, die durchaus wissen, dass ich auch unmoralische Sachen mache.
Und wie genau kennst Du "das ganze Leben" von Claudia Roth?

Ich kenne das Leben von Claudia Roth nicht sehr genau, kann mir aber nicht vorstellen, daß sie am Ende noch dem Anspruch gerecht wird. Siehe meine Anmerkung oben zu den Jain. Und das ist für mich das Hauptproblem mit "Gutmenschen". Von anderen ständig Dinge verlangen, aber sich selber mit Ablaßhandlungen (Mülltrennung, Bio-Tomate, Fahrradfahren) für sündenfrei erklären.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Yossarian am 18. Dezember 2014, 15:26:40
Wieso ist "linkslastig" immer ein Grund, jemandem nicht zu glauben

Streich das "linkslastig" in dem Zitat und das Ergebnis bleibt das selbe. Manchmal sind das einfach nur unnütze Füllwörter, um die anvisierte Klientel für den eigenen Senf empfänglicher zu machen.

Kuck mal:

Nun ist Wikipedia nicht immer die zuverlässigste Quelle, und für die Behauptung, der Begriff "Gutmensch" sei von Gobbels zur Diffamierung der moralisch motivierten Gegner der NS-Rassenpolitik verwendet worden, wird von Wikipedia keine Primärquelle genannt, sondern lediglich der Text eines (...) Journalistenverbands angeführt, der die Behauptung ohne Angabe einer Fundstelle aufstellt

Besser?
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Conte Palmieri am 18. Dezember 2014, 15:42:50
Ich kenne das Leben von Claudia Roth nicht sehr genau, kann mir aber nicht vorstellen, daß sie am Ende noch dem Anspruch gerecht wird. Siehe meine Anmerkung oben zu den Jain. Und das ist für mich das Hauptproblem mit "Gutmenschen". Von anderen ständig Dinge verlangen, aber sich selber mit Ablaßhandlungen (Mülltrennung, Bio-Tomate, Fahrradfahren) für sündenfrei erklären.
Die von den Nazis als Gutmenschen verhöhnten konnten ihren Ansprüchen schon dadurch gerecht werden, dass sie keine Juden ermordet haben.
Ich verstehe nicht, warum ihr Euch unbedingt in die sprachliche Nachbarschaft zu den Nazis stellen wollt, wenn Ihr doch alle so gut seid.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 18. Dezember 2014, 16:11:10
Meine Güte, ich bin ja durchaus dafür, Begriffe wie "Volksschädling", "entartet" oder "Endlösung" nicht zu benutzen, weil die von Nazis erfunden oder überfrachtet wurden.

Bei "Gutmensch" fehlt aber wirklich die Quellenlage. Dann dürfte man aber auch nicht mehr "Unmensch" sagen.

Ich kenne das Wort aber erst seit den Neunzigern. Ein bißchen googeln hilft dann auch. Laut der Gesellschaft für Deutsche Sprache gibt es das Wort erst seit den Achtzigern: http://gfds.de/gutmensch/

Zitat
Unser Erstbeleg zu Gutmensch stammt aus dem Jahr 1985: In der US-amerikanischen Zeitschrift Forbes wurde Gutmensch auf den damaligen Gewerkschaftsführer Franz Steinkühler (IG Metall) bezogen.

Das paßt auch irgendwie. In den Achtzigern mußte ja jeder und alles immer "Stellung beziehen". Jeder bekackte Popsong mußte eine gesellschaftsrkitische "Message" haben. Ich kann mir gut vorstellen, daß in dem Umfeld das Wort entstanden ist.

Es gibt aber noch ein paar schöne Synonyme: Betroffenheitshausierer, Rechtgläubiger, homo perfektus beneficiaris
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Conte Palmieri am 18. Dezember 2014, 16:54:04
Ich kann mich erinnern, das Wort schon früher gehört zu haben.
Es wird ja auch heute wieder von Rechtsextremen gebraucht.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 18. Dezember 2014, 17:30:53
Bei denen ist man aber auch froh, wenn der Wortschatz mehr als 200 Wörter umfaßt.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Yossarian am 18. Dezember 2014, 17:39:06
Wieso ist "linkslastig" immer ein Grund, jemandem nicht zu glauben, während ich Leuten, die hartnäckig am Nazivokabular festhalten, vertrauen soll?

Wie kommst Du darauf?

Zitat
NEIN, ich vertraue nicht.

Sollst Du ja auch nicht.

Bei "Gutmensch" fehlt aber wirklich die Quellenlage.

In der Tat! Und ich benutze das Wort nicht anders, als in der bei Duden genannten Weise.

Die von den Nazis als Gutmenschen verhöhnten konnten ihren Ansprüchen schon dadurch gerecht werden, dass sie keine Juden ermordet haben.

Wenn das das (einzige) Kriterium ist, dann gibt es auf der Welt verdammt viele Gutmenschen.

Ich wüßte auf Anhieb aber auch eine ganze Menge anderer Drecksäcke, die nachweislich auch keine Juden ermordet haben. Sind die deshalb gleich "gut"?

Zitat
Ich verstehe nicht, warum ihr

Wer ist "Ihr"?

Zitat
Euch unbedingt in die sprachliche Nachbarschaft zu den Nazis stellen wollt, wenn Ihr doch alle so gut seid.

Ich habe niemals behauptet, "gut" zu sein.

Irgendwie ist das einfach nur ne fixe Idee von Dir mit den Gutmenschen. Manchmal leidest Du einfach gerne, stimmt´s?

Wer den Verweis auf verantwortungsvolles Verhalten mit einem Schimpfwort belegen möchte, dem vertraue ich nicht.

Gutmenschen verhalten sich nicht verantwortungsvoll; sie sind bigotte Arschlöcher, die in Frankfurt mit ihren Fahrrädern Fußgänger auf dem Bürgersteig überfahren und sich das rausnehmen dürfen, weil sie ja an anderer Stelle so "gut" sind.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 18. Dezember 2014, 17:46:49
Die von den Nazis als Gutmenschen verhöhnten konnten ihren Ansprüchen schon dadurch gerecht werden, dass sie keine Juden ermordet haben.

ja, nur, haben die das Wort wirklich benutzt?
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Küchenchef am 18. Dezember 2014, 17:47:07
Gutmenschen; sie sind bigotte Arschlöcher

Na dann haben wir es doch:

Gutmenschen = bigotte Arschlöcher
Neoliberale = asoziale Arschlöcher

Thema erledigt.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 18. Dezember 2014, 18:45:38
Ich glaube, "asozial" ist auch ein Nazi-Begriff  :P
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Conte Palmieri am 19. Dezember 2014, 09:10:22
"Asoziale" werden acuh heute noch von Rechtsextremen zuweilen mit Benzim übergossen und angezündet. Das passt doch.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 10. Juni 2015, 12:45:44
Mach Dir keine Sorgen. Man kann verstehen, was Du schreibst. Du machst gar nicht mal so viele Fehler. Insgesamt schreibst Du auf heutigem Akademikerniveau.

Das spricht aber nicht für die Akademiker und da ist sicher noch Schlimmeres zu erwarten, wenn die Generation aus den Unis kommt, die in der Grundschule nach Gefühl schreiben durfte.

Zitat
Ich kann das beurteilen, denn es ist mein Job, schriftliche Beratungsanliegen von Menschen aus den unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen zu beantworten. Es gibt Lehrer und Juristen in Deinem Alter, die nicht annähernd so gut schreiben wie Du.

Das ist einigermaßen schockierend. Ich kenne schlechte Rechtschreibung von Ingenieuren. Wobei die schon daran scheitern, einen Satz so zu beenden, daß das Ende zum Anfang paßt. Ich muß aber auch nur selten Pamphlete von Lehrern oder Juristen lesen.

Zitat
Verbessere ein wenig die Lesbarkeit Deiner Postings. Öfter mal einen Punkt, wenn der Gedanke zu Ende ist, und dann einen neuen Satz anfangen. Absätze in den Text einfügen. Orientiere Dich am Stil der Bildzeitung, wenn Du willst, daß man Dich schon beim ersten oberflächlichen Lesen versteht.

Das ist ja nun ein etwas gemeiner Rat, denn dazu muß er erst mal die Bild-Zeitung lesen.

Aber Spiegel Online glänzt auch immer mehr. Heute steht da "Auch Nichtkunden des Unternehmens sollen die neuen Hotspots nutzen dürfen, jedoch mit Einschränkungen". Was ist denn ein Nichtkunde? Das ist sprachliche Armut. Zu blöd, den Sachverhalt korrekt zu formulieren.

In Wikipedia bin ich gestern über "händisch" gestolpert. Das ist doch so ein Pseudo-Englisch. Dummerweise steht das sogar schon im Duden, aber der biedert sich auch nur noch an.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Nikibo am 10. Juni 2015, 13:03:59
Dass manch einer sich noch schlechter schriftlich mitteilt, mag ja sein, aber doch nicht bei den Akademikern. Das kann ich mir nicht vorstellen, ich hab das Posting als Vernatzung empfunden.

Zu "händisch"
Kenne ich aus dem Baubereich aber schon so lange, wie ich dort tätig war.

Sprache lebt halt. Wenn alle sagen: "Peter sein Fahrrad", wird auch das irgendwann im Duden stehen.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Gianluca am 10. Juni 2015, 14:07:15
Ich kenne schlechte Rechtschreibung von Ingenieuren.
Ich auch, obwohl ich selbst zu dieser Berufsgattung gehoere. Was ich in unserem deutschen Buero(s) so zu lesen bekam, ging manches Mal nicht auf die beruehmte Kuhhaut.
Nun ist es aber in meinem Fachbereich auch so, dass es viele Ings gibt, die auf dem zweiten Bildungsweg - sprich nach Abschluss einer Lehre zum Fachgymnasium und danach zur FH - ihr Diplom gebaut haben. Moeglicherweise wird auf dem Fachgymnasium nicht allzu viel Wert auf Rechtschreibung gelegt.
Wenn wir schon bei Rechtschreibung sind, koennten wir den Bogen auch gleich in Richtung Allgemeinwissen von jungen Akademikern schlagen. Da sehe ich wenig Unterschiede, was die Luecken betrifft. Aber das ist ein anderes Thema.

Noch schlimmer war es in meinem ersten Job. Da hatte ich mir erlaubt die Berichtshefte unserer Auszubildenden durchzulesen und Rechtschreibfehler, auf einer Kopie, anzumerken. Am naechsten Tag rief mich voellig empoert ein Vater an und versuchte mich durchzubeleidigen, warum ich mir sowas erlauben wuerde. Auf meine Antwort, dass der Sohnemann so niemals in der Lage sein wird, eine fehlerfreie Bewerbung zu schreiben und somit in die naehere Auswahl fuer einen neuen Arbeitsplatz kommen wuerde, war erst betretendes Schweigen am anderen Ende der Leitung und dann wurde mir mitgeteilt, dass ein Heizungsmonteur doch wohl nicht unbedingt vernuenftig schreiben koennen muesse. Ich habe ihm in seinem Glauben gelassen. Was aus dem Sohn geworden ist, weiss ich nicht. Wege und Firmen haben sich getrennt.

Wir Braunschweiger sagen uebrigens: Peter saan Fahrad. Langes aa fuer ei. Schwaan = Schwein oder Schwan. Alles klar. Und stolpern uebern spitzen Staan. Mit nach und zu haben wir auch unsere Schwierigkeiten. Deshalb kommt manchmal soetwas wie "Muss noch nach Karstadt hin" heraus.

Hier in der Wueste ist die Projektsprache Englisch. Was sich die Briten, Amis und Australier an Endlossaetzen zusammen basteln, ist abenteuerlich. Am Ende des Satzes ist man(n) meistens verloren, weil der Anfang schon wieder aus dem Gehirn entschwunden ist.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: grashopper am 10. Juni 2015, 14:40:43
Dass manch einer sich noch schlechter schriftlich mitteilt, mag ja sein, aber doch nicht bei den Akademikern. Das kann ich mir nicht vorstellen, ich hab das Posting als Vernatzung empfunden.

Jetzt musste ich erst einmal nachschauen, was "Vernatzung" bedeutet  ;D Wieder etwas dazu gelernt  ;).

Hinsichtlich der Rechtschreibung von Akademikern muss ich Stachulus bestätigen.

Insbesondere in Bezug auf manche Nachwuchswissenschaftler.  Wenn ich da so die Schreibweise mancher Bewerber in den Anschreiben lese, bezweifle ich oft, ob ihnen wirklich an der ausgeschriebenen Stelle gelegen ist. Oder es einfach wirklich nicht können.

Gerade bei einer Bewerbung lasse ich doch bei eigener Unsicherheit mal einen Fachkundigen prüfen, ob Wortwahl, Schreibweise und Setzen der Kommata soweit korrekt sind.

Aber es wird natürlich auch an der unsinnigen "Neuen Rechtschreibung" liegen.

Wozu sollte das gut sein? Der Nachwuchs, welcher schon in der Schule damit konfrontiert wurde, wird Schwierigkeiten beim Lesen der Schreibweise von uns Älteren haben (oder uns für dumm halten...). Das Risiko besteht umgekehrt auch.

Ich selbst (auch nicht mehr so sicher wie annodunnemals, da ja nach offizieller Einführung die NDR dienstlich vorgegeben wurde) bin manchmal arg genervt, wenn ich mir Sätze mindestens zum zweiten Mal durchlesen muss, um den Sinn der Aussage zu verstehen. 

Anlass sind eben oft die fehlenden Satzzeichen.

Mattieu hatte hier mal diesen altbekannten und sarkastischen Satz zitiert von wegen:

"Komm, wir essen, Opa!"

oder

"Komm, wir essen Opa!"


Mit anschließendem witzigen Fazit, dass Satzzeichen Leben retten können.

 ;D


PS: "händisch"  oder "händig" gibt es meiner Kenntnis nach schon lange Zeit. 
Insbesondere im Bereich des Handwerks statt "manuell".

Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 10. Juni 2015, 15:25:19
Insbesondere in Bezug auf manche Nachwuchswissenschaftler.  Wenn ich da so die Schreibweise mancher Bewerber in den Anschreiben lese, bezweifle ich oft, ob ihnen wirklich an der ausgeschriebenen Stelle gelegen ist. Oder es einfach wirklich nicht können.

Die Generation Y ist es einfach gewohnt, daß auf sie Rücksicht genommen wird. Kritik an schlechter Rechtschreibung wird als intolerant empfunden.

Zitat
PS: "händisch"  oder "händig" gibt es meiner Kenntnis nach schon lange Zeit. 
Insbesondere im Bereich des Handwerks statt "manuell".

Man kann etwas auch "von Hand" machen. Stattdessen wird die englische Adverbbildung mit "-ish" auf ein deutsches Wort angewendet, um daraus ein Adjektiv zu bilden. Damit es irgendwie zur englischen Endung paßt, wird das Wort mit langem "ä" ausgesprochen. Das wirkt einfach affig. Blöd nur, daß die Engländer das Wort "handish" gar nicht kennen. Eine korrekte deutsche Adjektivierung von "Hand" gibt es ja, und zwar "handlich". Die bedeutet nur schon was anderes.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Conte Palmieri am 10. Juni 2015, 15:52:16
In der Schule wird eben heutzutage allzuviel Wert auf Mathematik, Naturwissenschaften und Sport gelegt. Der Schlüssel zum Sprachverstand ist im Westen Latein.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Stachelhaut am 10. Juni 2015, 16:01:50
Die Generation Y ist einfach Scheiße. Gestern fährt so eine dusslige Kuh vor mir auf dem Radweg - bergauf. Schweinlangsam natürlich, und von links nach rechts eiernd. Ich krame also mein wärmstes Timbre raus und rufe ihr von hinten zu: "Bitte entscheiden Sie sich für eine Seite; ich würde gern überholen." Sie eiert nach rechts, ich fahre vorbei und rufe ihr ein "Danke!" zu. Sie zischt mich an: "Wichser!"

Nächstes Mal sage ich nix und fahre einfach vorbei. Bei einer Kollision hätte sie keine Chance gehabt, ich war doppelt so schwer.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Stachelhaut am 10. Juni 2015, 16:02:32
Der Schlüssel zum Sprachverstand ist im Westen Latein.

Nein.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Conte Palmieri am 10. Juni 2015, 16:04:30
Doch.
Im Osten Sanskrit.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Stachelhaut am 10. Juni 2015, 16:07:54
Oh.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 10. Juni 2015, 17:01:03
In der Schule wird eben heutzutage allzuviel Wert auf Mathematik, Naturwissenschaften und Sport gelegt. Der Schlüssel zum Sprachverstand ist im Westen Latein.

Im Westen wird doch seit Jahrzenten kein Wert mehr auf Mathematik, Naturwissenschaften und Sport gelegt. Die können sich von einer ehemaligen ostdeutschen POS alle eine Scheibe abschneiden.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 10. Juni 2015, 17:02:07
Die Generation Y ist einfach Scheiße. Gestern fährt so eine dusslige Kuh vor mir auf dem Radweg - bergauf. Schweinlangsam natürlich, und von links nach rechts eiernd. Ich krame also mein wärmstes Timbre raus und rufe ihr von hinten zu: "Bitte entscheiden Sie sich für eine Seite; ich würde gern überholen." Sie eiert nach rechts, ich fahre vorbei und rufe ihr ein "Danke!" zu. Sie zischt mich an: "Wichser!"

Für sowas habe ich eine Ballonhupe.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Yossarian am 10. Juni 2015, 17:02:38
In der Schule wird eben heutzutage allzuviel Wert auf Mathematik, Naturwissenschaften und Sport gelegt.

Sport?

Sport???
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Stachelhaut am 10. Juni 2015, 17:04:06
Für sowas habe ich eine Ballonhupe.

Bei Doom gab es einen Rocket Launcher. Sowas hätte ich gern am Lenker, manchmal.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 11. Juni 2015, 11:34:38
Sport?

Sport???

Wahrscheinlich haben sie den kleinen Feldsee so gequält. Aber wer nicht bei Herrn Wurster, Frau Goller und Frau Dufft Sport hatte, der hatte keinen Sportunterrricht.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Stachelhaut am 11. Juni 2015, 11:55:04
Du meinst Frau Knop, glaube ich.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Yossarian am 11. Juni 2015, 12:08:38
Dr. Boch hieß bei mir der Menschenschinder in der Unterstufe.

Überzeugter Nazi und stets bemüht, seine Umwelt permanent darauf hinzuweisen, daß er Panzergrenadier gewesen sei, quälte er besonders diejenigen, die noch ein bißchen (bis ein bißchen mehr) Babyspeck hatten. Die malträtierte er bis sie Tränen in den Augen hatten. Der Spruch "faules Fleisch", wenn mal wieder einer der Molligen nicht über das Pferd gesprungen war, sondern dieses aus lauter Angst vor ihm kurzerhand umgerannt hatte, war noch einer seiner Nettesten.

Ich blieb relativ verschont von ihm. Mich konnte er wohl in keiner seiner Schubladen unterbringen. Ich war nicht fett, sondern "nur" total unsportlich.

Unvergessen jedoch der Tag, als er uns im Schulhof aufforderte, eine winzigkleine Scheibe im Dachfirst des uralten Schulgebäudes einzuwerfen. Einer traf. Damit hatte er nicht gerechnet...

Keine Ahnung, wie er das damals der Schulleitung beigebracht hatte.  :evil

Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Gianluca am 11. Juni 2015, 12:47:09
Unser Spochtlehrer (Herr Troester) war ebenfalls einer vom alten Schrot und Korn.
Aufstellen der Groesse nach und wer nicht akurat mit weissem Feinstrickhemdchen einschliesslich Schulsymbol und roter kurzer Turnhose auflief, hatte sofort die Arschkarte.
Mich hat er mal der Halle verwiesen, weil ein Basketball nach einem Volleyschuss meinerseits das Lattenkreuz des Tores traf. "Solche Pfeiffen wie Dich, die nicht wissen welche Baelle fuer welche Sportart geeignet sind, brauchen wir an dieser Anstalt nicht".
Spaeter zeigte er dann jedoch seine andere, weiche Seite. Nachdem wir ein Handballturnier (mal ohne aus der Halle geflogen zu sein wegen zu hartem Spiel) an seiner Heimatschule in Hildesheim gewonnen hatten, lud er uns ins Buero des Direktors auf ein Glaeschen Sekt ein - mitten im Unterricht.
Dann haben wir fuer ihn zum Abschied ein Handballspiel mit vielen seiner ehemaligen Schueler, die wir muehsam zusammengetrommelt hatten, praesentiert. Der Kerl stand dann zu Traenen geruehrt im Mittelkreis umringt von Schuelern aus 20 Jahren, die sich nur fuer ihn getroffen hatten. Bier danach bis zum Abwinken.
Eigentlich war meine Schulzeit doch nicht so schlecht. Es gaebe noch viel zu erzaehlen.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Gianluca am 11. Juni 2015, 12:57:23
Im Westen wird doch seit Jahrzenten kein Wert mehr auf Mathematik, Naturwissenschaften und Sport gelegt.
Ich weiss nicht, wie weit Du zurueck gehst, mit dieser Aussage, mein Mathe-L-Kurs hat mich schnurstracks durch Studium gebracht. Kann also nicht so schlecht gewesen sein.
Biologie und Chemie waren mir schon immer ein Graus. Physik war okay und das mir auf der Schule beigebrachte Wissen betrachte ich mal als ausreichend. Wollte nie Physiker werden.
Sport wurde an meiner Schule gross geschrieben, speziell Mannschaftssport. Da sehe ich (fuer mich) kein Defizit.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 11. Juni 2015, 13:18:07
Ich weiss nicht, wie weit Du zurueck gehst, mit dieser Aussage, mein Mathe-L-Kurs hat mich schnurstracks durch Studium gebracht. Kann also nicht so schlecht gewesen sein.

Mag sein. Ich kene eben das Klischee vom Abi mit Handarbeit und Religion. Meine eigene Erfahrung war dann 1992 mit einem Abi nach westberliner Bedingungen, daß es lachhaft einfach war. Die Physik-Klausur hatte ich eine Stunde vor der Zeit fertig. Dabei war mein Unterricht am Abendgymnsasium noch nicht mal besonders intensiv. Meine Geschwister an Vor-Wende-EOS mußten ganz anders arbeiten. Mathe/Bio/Chemi/Physik waren Pflicht für alle und jedes Fach war Leistungskurs.

Zitat
Sport wurde an meiner Schule gross geschrieben, speziell Mannschaftssport. Da sehe ich (fuer mich) kein Defizit.

Mannschaftssport gab es bei uns zum Halbjahresende zur Auflockerung. Das ging eher als Spielstunde durch. Bis dahin hatte man jedes Jahr:
Leichtathletik (100m, 3000m, Staffellauf, Weitsprung, Dreisprung, Kugelstoßen, Weitwurf mit Gummiball und mit Handgranante (F-1-Attrappe))
Geräteturnen (Barren, Reck)
Hochsprung
Bocksprungen übers Pferd
Kleinkram (Stangenklettern, Seilklettern, Liegstütze, Armdrücken, Klimmzüge)
Bodenturnen (Handstand, Kopfstand und der ganze Mist)
Handball (die Übungen mit dem Ball)
Judo
Schwimmen

Alle Disziplinen mit Benotung nach Tabelle. Und das wiederholte sich jedes Jahr. Wer nicht schwimmern konnte, fiel in Sport durch und damit auch insgesamt. Ich fand das meiste davon eine ziemliche Quälerei. Ich hätte gerne einfach nur Völkerball gespielt.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: marple am 11. Juni 2015, 13:30:51
Zum Wort "händisch". Mein ältester Duden ist von 1991 und da gibt es dieses Wort bereits als "manuell". Ich frag heute abend noch meine Lehrerschwester, die müsste unseren alten Duden aus den Fünfzigern haben.

ABER - was ich habe, ist Matthias Lexers Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch und da gibt es durchaus den Begriff "handec, -ic, hendic" als adj. für manuell.

Händisch ist kein neues Wort, höchstens örtlich begrenzte Mundart. Und das schon richtig lange.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Gianluca am 11. Juni 2015, 13:39:44
Okay, das war dann ueber eine Dekade vor mir bzogen auf 1992. Bereits zu meiner aktiven Schulzeit kamen die ersten Verweichlichungen bezueglich Schulausbildung auf. Und das hat sich leider bis heute noch verstaerkt.
Was den Spocht betrifft:
In den Klassen 5-10 ging es im Sommer immer auf das benachbarte Unisportfeld. Leichtathletik, mit den Disziplinen, die Du aufgefuehrt hast - die Handgrante war nicht dabei (entweder 80gr oder 200gr Ball oder Speer und Kugel). Springen - hoch und weit. Im Winter wurden dann bis auf den Schwebebalken - wir waren ein Jungengymnasium - die ueblichen verdaechtigen Geraetschaften aufgebaut und benutzt.
Mannschaftssport kam auch erst spaeter, wobei nebenbei in sogenannten AG's dieser auch bereits in den unteren Klassen betrieben wurde. Meinereiner trainierte und betreute die Klassenstufen unter mir im Handball.
Ich traue es mich gar nicht zu erwaehnen, aber eines meiner Pruefungsfaecher fuer das Abi war: Sport
Handball, Schwimmen und Sporttheorie (u.a. Trainingslehre). Sorgt auch heute noch fuer einen aufrechten Gang  ;)
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Gianluca am 11. Juni 2015, 13:47:41
Händisch ist kein neues Wort, höchstens örtlich begrenzte Mundart. Und das schon richtig lange.
Wo wir dann wieder bei regionalen Unterschieden waeren. Und einige dieser umgangssprachlichen Eigenheiten haben Zugang zum Duden gefunden. Wir im Norden benutzen zum Beispiel "haendisch" nicht. Ist mir auch noch nie unter gekommen.
Besonders schoen ist das in Sachsen. Voellig verduzt stand ich dem Elektroingenieur gegenueber, als er mich nach einer "Schmiesche" fragte. ????? Er meinte einen Zollstock, der wahrscheinlich andernorts wieder anders heisst.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Mattieu am 11. Juni 2015, 13:50:36
der wahrscheinlich andernorts wieder anders heisst.

Gliedermaßstab.  8)
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Stachelhaut am 11. Juni 2015, 13:54:07
In Franken heißt das Ding "Meter".
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: marple am 11. Juni 2015, 13:56:33
Wo wir dann wieder bei regionalen Unterschieden waeren. Und einige dieser umgangssprachlichen Eigenheiten haben Zugang zum Duden gefunden. Wir im Norden benutzen zum Beispiel "haendisch" nicht. Ist mir auch noch nie unter gekommen.

Weder in meinem 1991er Duden noch im mittelhochdeutschen Wörterbuch ist es auf eine Region eingeschränkt. Darum schrieb ich "höchstens". Es ist einfach ein eher selten gebrauchtes Wort. Aber nicht neu und nicht ans Englische angebiedert. Meiner Meinung nach kenne ich das "schon immer". Es hat mich eher erstaunt, dass Araxes es auf die Neuzeit datierte. Und die Adjektivendung -isch ist definitiv nicht aufs englische zurückzuführen - manisch, tierisch, kindisch… das ist eine ganz normale deutsche Endung.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Nikibo am 11. Juni 2015, 15:54:12
Damit es irgendwie zur englischen Endung paßt, wird das Wort mit langem "ä" ausgesprochen. Das wirkt einfach affig.
Nein, es wird mit kurzem "ä" gesprochen.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Druide am 11. Juni 2015, 15:56:15
In Franken heißt das Ding "Meter".

Bei uns in AUT heißt es "Zahlstock" (ugs. "Zoischtog")  ;)

LG v. Druiden
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: marple am 11. Juni 2015, 16:15:16
Bei mir heisst das kurz und knapp "woistdasscheissdingschonwieder!"

Je mehr ich kaufe, desto weniger finde ich. Ich müsste theoretisch mindestens 13 besitzen. Bei Bedarf finde ich zwei ausgeleierte und das eine mit der völlig bescheuerten Skala (cm und inch nebeneinander - da sieht eine durchschnittlich sehbehinderte Fuffzigerin nicht durch).

Edit: Autoaufräumen könnte helfen. Ich seh vor meinem geistigen Auge genau, wie ich das Teil ins Auto schmeisse, aber nicht, wie ich es wieder ins Büro trage.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Stachelhaut am 11. Juni 2015, 17:08:30
völlig bescheuerten Skala (cm und inch nebeneinander

Das wäre dann immerhin wirklich ein   Z o l l stock.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 11. Juni 2015, 20:19:31
Je mehr ich kaufe, desto weniger finde ich. Ich müsste theoretisch mindestens 13 besitzen. Bei Bedarf finde ich zwei ausgeleierte und das eine mit der völlig bescheuerten Skala (cm und inch nebeneinander - da sieht eine durchschnittlich sehbehinderte Fuffzigerin nicht durch).

Ich habe seit einem Jahr einen Laser-Entfernungsmesser. Nie wieder Zollstock.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 11. Juni 2015, 20:28:01
Weder in meinem 1991er Duden noch im mittelhochdeutschen Wörterbuch ist es auf eine Region eingeschränkt.

Dann war der Duden damals schon darauf aus, möglichst viel Umgangsprache aufzunehmen, damit man sich öfter einen neuen kaufen muß.

So, und jetzt mal richtig. Suche beim DWDS (http://www.dwds.de/?qu=h%C3%A4ndisch) in 8 Korpora. Treffer nur bei der Zeit, und zwar erst ab 1999.

Kein Treffer im Grimm (http://woerterbuchnetz.de/DWB/).
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Kulle am 11. Juni 2015, 20:34:40
Ich hab jetzt mal meinen DDR-Duden von 1973 durchsucht und da gibt es ein "händisch" als ösi Version für "mit der Hand, in Handarbeit".
Mit ist das Wort jedenfalls nicht ganz unbekannt.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Nikibo am 11. Juni 2015, 20:38:54
Das heißt doch aber trotzdem nicht, dass es aus dem Englischen entlehnt wurde.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: marple am 11. Juni 2015, 20:54:42
So, und jetzt mal richtig. Suche beim DWDS (http://www.dwds.de/?qu=h%C3%A4ndisch) in 8 Korpora. Treffer nur bei der Zeit, und zwar erst ab 1999.

Soll ich jetzt ein Beweisfoto aus meinem 91er Duden schiessen, oder was?

Und was ist mit den mittelhochdeutschen Wörtern? Das war ein bisschen vor 1999.

Man kann nicht immer recht behalten, Araxes. Auch wenns weh tut.

Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: marple am 11. Juni 2015, 21:24:07
So. Im 80er westdeutschen Duden wars auch schon drin. Als österreichisch/süddeutsch für manuell.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 11. Juni 2015, 23:49:57
Soll ich jetzt ein Beweisfoto aus meinem 91er Duden schiessen, oder was?

Ist das ein West-Duden? Meine Eltern als Germanisten ärgern sich schon immer über die Modegeilheit des Dudens und daß da jeder Quatsch gleich aufgenommen wird.

Zitat
Und was ist mit den mittelhochdeutschen Wörtern? Das war ein bisschen vor 1999.

Man kann nicht immer recht behalten, Araxes. Auch wenns weh tut.

Im mittelhochdeutschen Wörterbuch von Benecke, Müller, Zarncke steht's auch nicht drin: http://woerterbuchnetz.de/BMZ/
Da gibt es "handec" mit der Erklärung: "handec adj.schneidend, scharf, bitter."

Übrigens: http://wortschatz.uni-leipzig.de/cgi-bin/wort_www.exe?site=1&Wort=h%E4ndisch

Zitat
süddeutsch: mit der Hand (gefertigt, bewerkstelligt)

Pragmatikangaben:    gebr: österr. ugs.

umgangssprachlich Österreichisch!

Das sagt übrigens auch der Online-Duden: "besonders süddeutsch, österreichisch, EDV-Jargon"

Mag ja sein, daß das von da über Bayern nach Deutschland gekommen ist, aber Hochdeutsch ist das nicht. Da glaube ich eher an die Autorität des DWDS als an den kommerziellen Duden.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: marple am 12. Juni 2015, 00:16:35
Ist das ein West-Duden?

Na rate doch mal bei einer 91er Ausgabe!

Meine Eltern als Germanisten ärgern sich schon immer über die Modegeilheit des Dudens und daß da jeder Quatsch gleich aufgenommen wird.

Das ist völlig irrelevant. Ich kenne das Wort schon ewig und ich bin 50 und auch Germanistin.

Da glaube ich eher an die Autorität des DWDS als an den kommerziellen Duden.

Irrelevant! Wenn das Wort in einem 73er Ostduden schon vorkommt, ist es scheissegal, ob du eher an DWDS glaubst oder nicht.

Manchmal nervst du mich einfach nur mit deiner Besserwissenwollerei. Ich habe Alt- und Mittelhochdeutsch studiert und arbeite mit den richtigen Büchern.

ein Beweisfoto von gerade eben:

(http://www.imgbox.de/users/marple/handec.jpg)



Ich werde langsam richtig sauer. Im Prinzip unterstellst du mir, ich sei zu blöd, Duden oder Wörterbücher zu benutzen oder ich würde lügen.

Nur weil du eine Fehlinterpretation nicht zugeben kannst.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 12. Juni 2015, 00:33:23
Na rate doch mal bei einer 91er Ausgabe!

zeigt her. Steht das da auch als österreichisch drin?

Zitat
Manchmal nervst du mich einfach nur mit deiner Besserwissenwollerei.

Du bist doch genauso besserwisserisch. Ich rege mich nur nicht so künstlich darüber auf.

Zitat
(http://www.imgbox.de/users/marple/handec.jpg)

Schön für dich, aber sprechen wir Mittelhochdeutsch? Mag ja sein, daß sich das ins moderne Österreichisch rübergerettet hat.

Zitat
Ich werde langsam richtig sauer. Im Prinzip unterstellst du mir, ich sei zu blöd, Duden oder Wörterbücher zu benutzen oder ich würde lügen.

Was soll denn das Rumgezeter? Ich unterstelle dir überhaupt nichts davon. Ich stelle nur fest, daß das DWDS das Wort nicht kennt und der Duden es als "süddeutsch, österreichisch" kennzeichnet, ebenso wie auch die Uni Leipzig mit dem Zusatz "umgangssprachlich".

Zitat
Nur weil du eine Fehlinterpretation nicht zugeben kannst.

Ich gebe zu, daß das Wort vielleicht kein verunglückter Anglizismus ist, obwohl es so klingt. Hochdeutsch ist es deshalb noch lange nicht. Ich glaube trotzdem, daß es als vermeintlicher Anglizismus jetzt erst populär wird.

Hier, noch einer für dich: https://dict.leo.org/#/search=h%C3%A4ndisch&searchLoc=0&resultOrder=basic&multiwordShowSingle=on

   händisch (Süddt.; Österr.) [ugs.]

Lies auch mal die Diskussion dazu (https://dict.leo.org/forum/viewWrongentry.php?idThread=39289&idForum=6&lang=de&lp=ende)


Noch ein Treffer: http://de.thefreedictionary.com/h%C3%A4ndisch

(umg. österr. schweiz.) mit der Hand; manuell eine Arbeit händisch tun
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: marple am 12. Juni 2015, 01:02:17
zeigt her. Steht das da auch als österreichisch drin?

Nein. Sonst hätte ich das schon zugegeben.

(http://www.imgbox.de/users/marple/Duden.jpg)
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: DieFrau am 12. Juni 2015, 01:17:01
ich habe noch nie drüber gedacht, wir sagen "Schäden etc. händisch reparieren" aber bei Ausschreibungen wird "von der Hand oder manuell" geschrieben.

immerhin wird "händisch" in Langenscheidt nicht erwähnt, das deutsche Wort für manual ist Handarbeit und umgekehrt.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 12. Juni 2015, 01:18:18
@marple

Schön, dein alter Duden kennt es. Das DWDS kennt es nicht, und die meisten anderen Quellen kennen es als umgangssprachlich Österreichisch. Ich kenne es erst seit einer Weile und meist von Leuten, die auch Wörter wie "belastbar" oder "committen" benutzen.

Hier noch der Pons (http://de.pons.com/%C3%BCbersetzung?q=h%C3%A4ndisch&l=deen&in=&lf=de) für dich:

(http://up.picr.de/22211366qb.png)

...mit der österreichischen Flagge dran.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Nikibo am 12. Juni 2015, 06:09:00
Was ist an "belastbar" schon wieder falsch? Ist doch bei Stellenangeboten/Bewerbungen/Zeugnissen sehr gebräuchlich.

Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Stachelhaut am 12. Juni 2015, 07:46:45
Sinnlose Worthülse, Stellenausschreibungssprache. Genau wie der unsägliche Schlußsatz "Gute Kenntnisse in Suaheli und einschlägige, im Ausland erworbene Berufserfahrung runden Ihr Profil ab.".
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: marple am 12. Juni 2015, 10:59:09
Ich finde es bedenklich, dass es überhaupt Diskussionen über einzelne Wörter gibt. Als würde der Sprachschatz nicht sowieso immer weiter abnehmen.

Belastbar ist ein normales Wort und im richtigen Kontext auch sinnvoll.

Wenn es in einem Zusammenhang gebraucht wird, der euch nicht gefällt, disqualifiziert das nicht das Wort, sondern den Nutzer.

Ich bin ein Freund von gelungenen Wortneuschöpfungen. Die Welt verändert sich und es kommt immer wieder zu Situationen, in denen der alte Wortschatz nicht mehr den genauen Punkt trifft.

Alt- und Mittelhochdeutsch war zu der jeweiligen Zeit gültiges Hochdeutsch. Heute würde es nicht mehr ausreichen. Wenn man sich schon damals gegen Neues gewandt hätte, hätten wir heute einige Probleme.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Nikibo am 12. Juni 2015, 11:14:00
Nee, das meinte ich nicht, Stachelhaut, es ging ja um den nichtdeutschen Ursprung.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: marple am 12. Juni 2015, 11:23:45
Meine Eltern als Germanisten ärgern sich schon immer über die Modegeilheit des Dudens und daß da jeder Quatsch gleich aufgenommen wird.

Ich glaube, hier liegt einfach ein falsches Verständnis für die Aufgabe des Dudens vor. Der Duden ist nicht das Gesetzbuch für richtiges Hochdeutsch, sondern ein Nachschlagewerk für die richtige Schreibweise aller bekannten Wörter. Der durchschnittliche Nutzer wird gerade bei neuen Begriffen Fragen zur Schreibweise und Silbentrennung oder Bedeutung haben. Dafür ist der Duden da.

Und da ist es einfach irrelevant, ob sich Sprachwissenschaftler die Haare raufen oder nicht. Jedem steht es frei, Neusprech zu vermeiden.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Stachelhaut am 12. Juni 2015, 11:44:54
Man kann sagen: Der Stahlträger ist mit bis zu 300 kg belastbar. Man kann auch sagen: Der Stahlträger ist belastbar. Letzteres heißt: Der Stahlträger bricht nicht unter dem eigenen Gewicht zusammen, wenn man ihn verbaut. Außerdem kann man noch eine unbestimmte Last draufpacken. So eine Aussage ist sinnlos.

"belastbar" ist ein relativer Begriff. Wer nur sehr eingeschränkt belastbar ist, ist auch belastbar. Nicht belastbar wäre nur ein Bewerber, der nicht bereit ist, überhaupt zur Arbeit zu erscheinen.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 12. Juni 2015, 11:45:27
Was ist an "belastbar" schon wieder falsch? Ist doch bei Stellenangeboten/Bewerbungen/Zeugnissen sehr gebräuchlich.

Ist einfach ein einfallsloses Manager-Modewort als Ersatz für das jeweils bessere Adjektiv, das irgendwie hochgestochen klingen soll.

belastbare Zahlen => fundierte Zahlen
belastbare Aussage => begründete Aussage
belastbares Dokument => verlässliches Dokument

Interessant ist, was das Synonym-Wörterbuch (http://synonyme.woxikon.de/synonyme/belastbar.php) dazu sagt:

"athletisch, baumstark, belastbar, belastungsfähig, bärenstark, derb, drahtig, kernig, kraftstrotzend, kraftvoll, männlich, massiv, robust, rüstig, stark"

"Belastbar" beschreibt also eine körperliche Fähigkeit. Insofern wird es meist nur noch falsch verwendet.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Stachelhaut am 12. Juni 2015, 11:48:01
Besonders angenehm sind Leute, die Worthülsen benutzen, aber ihre Bedeutung nicht kenne. Meine neue Bereichsleiterin bemüht sich z. B., den hier tätigen Beschäftigten ein paar fachliche Grundbegriffe beizubringen, und redet dabei immer davon, sie mache "Compliancearbeit". Na ja.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Nikibo am 12. Juni 2015, 11:48:57

Zu "belastbar"Eben, der falsche Gebrauch disqualifiziert den Nutzer, aber nicht das Wort.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 12. Juni 2015, 11:49:39
Ich glaube, hier liegt einfach ein falsches Verständnis für die Aufgabe des Dudens vor. Der Duden ist nicht das Gesetzbuch für richtiges Hochdeutsch, sondern ein Nachschlagewerk für die richtige Schreibweise aller bekannten Wörter. Der durchschnittliche Nutzer wird gerade bei neuen Begriffen Fragen zur Schreibweise und Silbentrennung oder Bedeutung haben. Dafür ist der Duden da.

Ja, das ist sicher seine Aufgabe. Der Duden muß aber auch vermeiden, Wörter aufzunehmen, die nur ein recht kurzes Dasein haben und dann wieder aus der Mode kommen.

Zitat
Und da ist es einfach irrelevant, ob sich Sprachwissenschaftler die Haare raufen oder nicht. Jedem steht es frei, Neusprech zu vermeiden.

Die raufen sich die Haare deshalb, weil der Duden als Rechtfertigung für umgangssprachliche Erscheinungen in der Schriftsprache genommen wird.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 12. Juni 2015, 11:57:22
Besonders angenehm sind Leute, die Worthülsen benutzen, aber ihre Bedeutung nicht kenne. Meine neue Bereichsleiterin bemüht sich z. B., den hier tätigen Beschäftigten ein paar fachliche Grundbegriffe beizubringen, und redet dabei immer davon, sie mache "Compliancearbeit". Na ja.

Es gibt noch subtilere Verirrungen, z.B. "eine schrittweise Annäherung". Falsch, denn "schrittweise" ist ein Modaladverb und kann nur mit Verben verwendet werden, also "wir werden uns schrittweise annähern".
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Conte Palmieri am 12. Juni 2015, 12:08:00
In einigen Ländern gibt es Spachbehörden, deren Edikte sozusagen Gesetzeskraft haben. Wollen wir so etwas?
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Stachelhaut am 12. Juni 2015, 12:16:33
In einigen Ländern gibt es Spachbehörden, deren Edikte sozusagen Gesetzeskraft haben. Wollen wir so etwas?

Ich will das nicht, allerdings aus anderen Gründen, aus denen Du das vermutlich nicht willst.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Yossarian am 12. Juni 2015, 12:17:56
Wollen wir so etwas?

Hatten wir so etwas nicht schon bei der Einführung von Neusprech der neuen deutschen Rechtschreibung?
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 12. Juni 2015, 12:38:00
Hatten wir so etwas nicht schon bei der Einführung von Neusprech der neuen deutschen Rechtschreibung?

Eigentlich hatten wir das eher vorher. Die neue Rechtschreibung hat einiges an Umgangssprache in den Standard einfließen lassen und versucht, Regeln aufzustellen, die sich an der Umgangssprache orientieren, was dann aber ziemlich verunglückt ist, weil die dadurch ausgehebelte alte Regel eben doch sinnvoller war.

Z.B. die Schreibweise von aufwändig wegen Aufwand mit a. Das ist jetzt so korrekt, aber eigentlich nicht logisch, denn das Adjektiv wird aus dem Verb gebildet und das lautet aufwenden, und somit war die alte Schreibweise "aufwendig" die logisch korrekte.

In einigen Ländern gibt es Spachbehörden, deren Edikte sozusagen Gesetzeskraft haben. Wollen wir so etwas?

Nein, denn gegen schlechtes Deutsch hilft das sowieso nicht.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: marple am 12. Juni 2015, 12:53:31
Diejenigen, die es am nötigsten hätten, schauen eh nicht in den Duden. Die schreiben einfach wie es ihnen gefällt.

Ich verstehe überhaupt nichts, wenn ich vom Jungvolk per What App oder SMS Kürzel bekomme. CU geht ja noch, aber wenn mir jemand AS schreibt und ich erst googeln muss, was das heissen soll, dauert es schon etwas länger als "sofort".
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Stachelhaut am 12. Juni 2015, 13:11:26
Aufwenden kommt nicht von Aufwand. Aufwand ist etwas anderes als Aufwendung.

Aufwenden ist stets retrospektiv und setzt einen Zusammenhang mit einem erreichten Ergebnis voraus. Aufwand nicht.

Aufwand <---> Aufwendung
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Yossarian am 12. Juni 2015, 13:46:16
Diejenigen, die es am nötigsten hätten, schauen eh nicht in den Duden.

Wahre Worte.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Conte Palmieri am 12. Juni 2015, 13:59:14
Nein, denn gegen schlechtes Deutsch hilft das sowieso nicht.
Das Du mir die Academie Francaise mal nicht unterschätzest.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Stachelhaut am 12. Juni 2015, 14:27:04
Das Du mir die Academie Francaise mal nicht unterschätzest.

Mehr Schein als Sein. Die verabreichen da doch sogar Pasteten aus der Fabrik mit eingebackenen Taschenuhren.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Yossarian am 12. Juni 2015, 14:27:28
Das Du mir die Academie Francaise mal nicht unterschätzest.

Sprechen die noch schlechter deutsch?
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 13. Juni 2015, 22:58:00
Gerade im Spiegel gelesen:

"Kommt es zu einem Masernausbruch, können Ungeimpfte zeitweise vom Besuch eines Kindergarten oder einer Schule ausgeschlossen werden."

Der verlorene Genitiv: "eines Kindergartens"

Das Genitiv-S wird immer öfter weggelassen. Irgendwann haben wir keine  Fälle mehr.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: grashopper am 14. Juni 2015, 00:31:09
"Workflow", "Resilienz- Workshop", "Facility-Management", "Burnout", "Meeting", "Jourfixe oder Jour Fixe", "Event" und sonstiger Gebrauch von Bezeichnungen, die man auch in deutscher Sprache formulieren könnte.

Aber dann wären sie zu morbide formuliert und zu unspektakulär...... :.)
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: marple am 14. Juni 2015, 01:18:24
Gebrauch von Bezeichnungen, die man auch in deutscher Sprache formulieren könnte.

Das war schon immer so. Fremdwörter fungierten immer als Elite- oder Abgrenzungssprache der Oberschicht.

Kanak Sprak, Kürzel, Denglisch, Pihsaschreip…das sind auch Abgrenzungssprachen. Jetzt treten alle Schichten/Szenen mit ihren eigenen Geheimsprachen gegeneinander an. Und mögliche schulische Gegenmaßnahmen sind angeblich nicht "machbar".

Babylonische Zustände. Und wie damals zu Babel bringt es auch heute den selben Nutzen - Verständigungsprobleme trennen.

Divide et impera.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Conte Palmieri am 14. Juni 2015, 15:09:39
Sprechen die noch schlechter deutsch?
Krieg ich jetzt für jede Äußerung einen blöden Witz?
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Conte Palmieri am 14. Juni 2015, 15:32:45
Übrigens habe ich scoh einfache Wunder erlebt, und ich kenne belastbare Leute.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Yossarian am 14. Juni 2015, 18:00:56
Krieg ich jetzt für jede Äußerung einen blöden Witz?

Nur, wenn Du artig bist und es Dir verdienst.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 14. Juni 2015, 21:38:37
Übrigens habe ich scoh einfache Wunder erlebt, und ich kenne belastbare Leute.

Wenn's einfach war, war's eher kein Wunder und die Leute waren sicher belastungsfähig.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Kulle am 14. Juni 2015, 22:47:59
Übrigens habe ich scoh einfache Wunder erlebt, und ich kenne belastbare Leute.
Das hast du glaub schon im Forum von Herbi kund getan. Magst du mal hier genauer dein Wundererlebnis zu beschreiben?
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Yossarian am 14. Juni 2015, 23:06:07
Also doch Esoterikforum?  :.)
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Kulle am 14. Juni 2015, 23:12:09
Honk!
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Conte Palmieri am 15. Juni 2015, 06:53:27
Wenn's einfach war, war's eher kein Wunder und die Leute waren sicher belastungsfähig.
Es war "einfach ein Wunder" :p und was macht da jetzt den Unterschied aus? Außer, dass jemand behaupten könne, "belastungsfähig" bedeute, Lasten verteilen zu können, anstatt sie selber zu tragen?

Die Academie Francaise führt übrigens einen blutigen Krieg gegen Anglizismen. Ein französisches Gericht köme mit so etewas nicht durch.
Das สํานักงานราชบัณฑิตยสภา tut das meines Wissens auch.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Yossarian am 15. Juni 2015, 07:44:33
Es war "einfach ein Wunder"

Es gibt "einfach keine Wunder".  :.)
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Conte Palmieri am 15. Juni 2015, 09:28:31
Aber nicht jede Anwandlung von Poesie ist eine Sprachverirrung.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Nikibo am 15. Juni 2015, 09:30:31
Es gibt "einfach keine Wunder".  :.)

Hm, doch. Sind das nicht all die kleinen oder großen Begebenheiten, die sich nicht mit dem Verstand erklären lassen?
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Mattieu am 15. Juni 2015, 10:26:06
Heißt das nicht schon "täglicher Irrsinn"?
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Yossarian am 15. Juni 2015, 10:59:46
Sind das nicht all die kleinen oder großen Begebenheiten, die sich nicht mit dem Verstand erklären lassen?

Nur weil unser Verstand zu beschränkt ist, irgendetwas zu begreifen, muß das nicht gleich übernatürlich oder "ein Wunder" sein.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Conte Palmieri am 15. Juni 2015, 11:31:33
Zu sagen "ein Wunder" ist eine Möglichkeit, eine unwahrscheinliche, aber dennoch eingetretene hocherwünschte Lebenslage freundlich willkommen zu heißen. Manche Leute hören so was nicht gerne, aber das ist eine Frage des Gemüts und nicht "richtiger" oder "falscher" Sprache.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Yossarian am 15. Juni 2015, 11:36:00
Zu sagen "ein Wunder" ist eine Möglichkeit, eine unwahrscheinliche, aber dennoch eingetretene hocherwünschte Lebenslage freundlich willkommen zu heißen.

Neineinein. Ein "Wunder" ist schon etwas Übernatürliches:

Sind das nicht all die kleinen oder großen Begebenheiten, die sich nicht mit dem Verstand erklären lassen?

Und wieso gibt es keine negativen "Wunder"?
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Conte Palmieri am 15. Juni 2015, 12:15:21
Neineinein. Ein "Wunder" ist schon etwas Übernatürliches:

Und wieso gibt es keine negativen "Wunder"?
Wie auch immer. Ich halte das für Fragen der Definition und des Gemüts.
Fragen von "richtiger" oder "falscher" Sprache sind es nicht.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Araxes am 15. Juni 2015, 12:32:28
Es war "einfach ein Wunder" :p und was macht da jetzt den Unterschied aus?

na meinetwegen. Die Erschaffung der Welt war wohl auch "einfach ein Wunder", aber deshalb kein "einfaches Wunder".
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Conte Palmieri am 15. Juni 2015, 12:41:25
na meinetwegen. Die Erschaffung der Welt war wohl auch "einfach ein Wunder", aber deshalb kein "einfaches Wunder".
Das war ein im Vergleich zu den einfachen Wundern sicherlich reichlich kompliziertes Wunder.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Nikibo am 15. Juni 2015, 14:40:32
tUnd wieso gibt es keine negativen "Wunder"?
Die heißen dann Katastrophen ;)
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Yossarian am 15. Juni 2015, 14:45:26
Die heißen dann Katastrophen ;)

Komisch, daß die positiven Katastrophen "Wunder" heißen und durch die Bank übernatürlicher Natur sind, die negativen "Wunder" - sprich Katastrophen - allesamt ganz natürliche Ursachen haben.

Hat denn keiner mal die Idee gehabt, daß das "Übernatürliche" auch ein Arschloch sein kann?
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Conte Palmieri am 15. Juni 2015, 14:47:53
Die heißen dann Katastrophen ;)
Neuerdings heißen die "Schwarze Schwäne".
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Conte Palmieri am 15. Juni 2015, 14:49:35
Hat denn keiner mal die Idee gehabt, daß das "Übernatürliche" auch ein Arschloch sein kann?
Als ich seinerzeit einem Theologen auseinandersetzte, dass ich angesichts des So-Seins der Welt nicht an einen Gott glauben könne, meinte er ganz trocken, mit dem Teufel würde ich nicht so leicht fertig.
Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: marple am 15. Juni 2015, 15:20:46
Heute kann man doch schon froh sein, wenn man sich überhaupt noch wundert oder etwas wunderschön findet. Ich fände es wunderbar, wenn mir ein Wunder begegnete. Es dürfte auch ein einfaches sein.

Als Kind habe ich noch ein Wunder nach dem anderen erlebt. Ich erinnere mich zum Beispiel deutlich, wie ich eines Sonntagmorgens im Bett saß, das dicke Wilhelm-Busch-Buch auf dem Schoß, im Hintergrund das Kirchenglockenläuten und das Zwitschern meines Wellensittichs und das erste Mal ganz bewusst meine eigene Hand wahrnahm. Wie die Finger sich bewegten, wie man fast meinen konnte, die Sonne würde durchscheinen, wie die Adern verliefen. Ich war ganz gefesselt und erlebte das Wunder meiner Existenz. Damals begriff ich allerdings auch, dass diese wunderbaren Hände irgendwann sterben würden. Das machte mich für Tage wunderlich.

Titel: Re: Sprachverirrungen
Beitrag von: Yossarian am 15. Juni 2015, 15:51:25
Als ich seinerzeit einem Theologen auseinandersetzte, dass ich angesichts des So-Seins der Welt nicht an einen Gott glauben könne, meinte er ganz trocken, mit dem Teufel würde ich nicht so leicht fertig.

Von Zeit zu Zeit seh ich den Alten gern.  8)

Ich denke, mit dem Teufel fertig zu werden ist leichter.

Als mein Sohn als Säugling lange im Krankenhaus war, hatte ich eines nachts mal eine Diskussion mit einem Arzt, der immer demonstrativ ein fettes Kreuz umhängen hatte. Es ging darum, daß der im entscheidenden Moment diensthabende Arzt eine begnadete Koryphäe mit damals seltenem Spezialwissen war und mein Sohn bei jeden Durchschnittsarzt die Nacht der Aufnahme nicht überstanden hätte, was zweifelsfrei richtig war. Wir hatten da einfach ein Schweineglück gehabt. Dann kam natürlich väterlich herablassend das "Argument", daß sein Gott dann ja wohl unserem Kind das Leben gerettet hätte. Ich erwiderte trocken, daß es sich ja wohl genauso unstreitig um eine rezessiv weitergegebene erbliche Stoffwechselstörung handelt und sein Gott ja auch vorher seelenruhig zugelassen hätte, daß meine Ex und ich ein todgeweihtes Kind gezeugt hätten. Wenn es seinen Gott wirklich gäbe, sei der ein ziemliches Arschloch, mit dem ich nun ja wohl quitt sei.

Er knurrte noch was von zynisch und redete danach nie wieder ein Wort mit mir. Seine εὐδαιμονία war wohl dahin.