Zu den Meisterleistungen deutscher Bürokratiekunst und mit Sicherheit inspiriert durch japanische Zenmeister und Attila den Hunnen gehören die Formulare für Empfangsbekenntnisse, mit denen der Anwalt dem Gericht mit Datums- und Kanzleistempel sowie Unterschrift den Zugang eines Schriftstückes bestätigt.
Ganz selten nur paßt das vorgedruckte Adressfeld des Gerichts ohne weiteres in einen DIN-lang Fensterumschlag, meistens bedarf es hoher Kunsfertigkeit und jahrelanger Übung, das Empfangsbekenntnis so zu falten, daß der Empfänger (das ursprünglich absendende Gericht) lesbar im Fenster des Briefumschlages erscheint.
Die Kunst der Gestaltung dieser Formulare übertrifft sogar die derjenigen praktizierenden Sadisten, die sich mindestens einmal im Jahr neue Formulare für die Steuererklärung einfallen lassen.
Denn während eine Steuererklärung viele Seiten hat und braucht, um den Verwender in den Wahnsinn zu treiben, schafft das gemeine Empfangsbekenntnis das auf einem einzigen Blatt, mit wohlgesetzten Zeichen und Buchstaben und mit der Leichtigkeit und Zielsicherheit eines Haiku.
Leider stirbt die Kunst der Folter durch Empfangsbekenntnis langsam aus, da immer mehr Gerichte anregen, das Empfangsbekenntnis kurzerhand ungefaltet (!) zurückzufaxen.
Manchmal hat man aber Glück - so wie ich heute - und gerät an ein Gericht, das einen vor die Wahl stellt, das Formular korrekt gefaltet in einen Fensterumschlag zu stecken oder im dritten Stock aus dem Fenster zu springen.